Nach den sonntägigen Parlamentswahlen in Bosnien und Herzegowina fordert die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die neue Führung auf, ethnische Spaltungen zu überwinden und sich auf die notwendigen Reformen für eine erfolgreiche, demokratische und europäische Zukunft zu konzentrieren. Die neue Regierung muss alle Verpflichtungen und Reformen einschließlich der Urteile nationaler und internationaler Gerichte umsetzen, um das Land in einen voll funktionsfähigen Staat zu verwandeln.

Die S&D Fraktion ist enttäuscht darüber, dass die Wahlkämpfe von spaltender ethnischer Rhetorik der politischen Parteien überschattet wurden, anstatt sich auf Themen zu konzentrieren, die das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger betreffen, wie Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit, Korruption, hohe Inflation und die Energiekrise.

Andreas Schieder, sozialdemokratischer Leiter der Wahlbeobachtungsdelegation des Europäischen Parlaments in Bosnien-Herzegowina, sagte dazu:

„Wir sind zum Schluss gekommen, dass die Wahlen insgesamt gut organisiert waren, aber leider noch zahlreiche Herausforderungen bestehen. Erstens haben wir während der Wahlen beobachtet, dass das Wahlgeheimnis oft kompromittiert wurde und unbefugte Personen die Wähler und Wählerinnen verfolgt haben. Zweitens waren wir erstaunt darüber, dass der Hohe Repräsentant für Bosnien am Wahltag wesentliche Änderungen der Verfassung durchgesetzt hat, was die Demokratie und die Institutionen des Landes und insbesondere den Willen der Bürgerinnen und Bürger, die von ihren demokratischen Rechten Gebrauch gemacht haben, untergräbt.

Nach den Wahlen fordern wir nun alle in der Parlamentarischen Versammlung von Bosnien-Herzegowina vertretenen politischen Parteien und die Mitglieder der Präsidentschaft des Landes auf, die 19 Punkte der im Juni in Brüssel angenommenen ‚Politischen Vereinbarung über Grundsätze zur Gewährleistung eines funktionierenden Bosnien und Herzegowinas, das auf dem europäischen Weg voranschreitet‘, umzusetzen.

Schließlich fanden diese Wahlen auch vor dem Hintergrund sehr fordernder interner, regionaler und internationaler Sicherheitsbedrohungen statt, nämlich der Präsenz Moskaus bei diesen Wahlen. Wir können diesen Faktor nicht ignorieren, insbesondere den Kreml-Besuch von Milorad Dodik, dem Führer der serbisch dominierten autonomen Einheit Republika Srpska, der seit langem die separatistische Agenda vorantreibt.“

Dietmar Köster, sozialdemokratisches Mitglied der Wahlbeobachtungsdelegation und Schattenberichterstatter des Europäischen Parlaments für Bosnien-Herzegowina, fügte hinzu:

„Ich möchte der Schwesterpartei unserer Fraktion, der SDP, zu ihrem guten Ergebnis bei den gestrigen Wahlen gratulieren, die weitgehend friedlich verlaufen sind. Ich bin aber enttäuscht, dass unterschiedliche nationalistische Ansichten über die Zukunft des Landes in den Wahlkämpfen weiterhin ein Problem für das Funktionieren der demokratischen Institutionen darstellen. An diesem Zeitpunkt, an dem das Land mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt braucht, hat sich der Wahlkampf erneut auf ethnisch spaltende Rhetorik und Themen konzentriert. Hiermit fordere ich die neue Regierung auf, allen Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina dringend gleiche Rechte zu gewähren.

Um Fortschritte bei den 14 Hauptprioritäten zu erzielen, unterstütze ich, dass Bosnien-Herzegowina jetzt nach den Wahlen sofort der Status eines EU-Kandidatenlandes verliehen wird. Angesichts der aktuellen schwierigen internationalen und regionalen Umstände hat diese Frage noch an Bedeutung gewonnen. Wichtig sind auch stärkere diplomatische Bemühungen, um das Mandat der Sicherheitsoperation EUFOR Althea über November 2022 hinaus zu verlängern.“

Beteiligte Abgeordnete
Mitglied
Deutschland
Delegationsleiter
Mitglied
Österreich
S&D-Pressekontakt(e)