In ihrer gestrigen Anhörung gab die designierte Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, die Tschechin Věra Jourová, einen umfassenden Überblick über den Geschäftsbereich, für den sie zuständig wäre. Sie konnte jedoch die Mitglieder der vier Ausschüsse, die sie gemeinsam befragten, nicht vollständig überzeugen.

Die vier zuständigen Ausschüsse sind der Rechtsausschuss, der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, der Binnenmarktausschuss und der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. Gemäß der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments berieten sich die Koordinatoren der vier Ausschüsse mit dem Parlamentspräsidenten Martin Schulz, der nun einen Brief an die designierte Kommissarin mit weiteren schriftlichen Fragen von den Mitgliedern der betroffenen Ausschüsse schicken wird.

Evelyn Regner, sozialdemokratische Koordinatorin im Rechtsausschuss, sagte dazu:

„Die designierte Kommissarin hat sich mit den meisten aktuellen Vorschlägen im Justizbereich vertraut gemacht. Es mangelte ihr jedoch an politischem Feingefühl und an Vision, insbesondere in Bezug auf das Gesellschaftsrecht. Auf die konkrete Frage über Mindeststandards für die Einbeziehung von Interessengruppen gab sie keine Antwort. Die Sozialdemokratische Fraktion ist der Ansicht, dass ein Unternehmen, das im Interesse der Interessengruppen wie Verbraucher, Gemeinden und Beschäftigte geführt wird, stärker auf langfristige Nachhaltigkeit und wirtschaftlichen Erfolg abgestimmte Entscheidungen treffen wird als ein Unternehmen, das ausschließlich im Interesse von Aktionären geführt wird. Ein designiertes Kommissionsmitglied, das nicht wenigstens ein klein wenig Sensibilität für Arbeitnehmerbeteiligung und Sozialdumping zeigt, kann von unserer Fraktion nicht gebilligt werden. Wir hoffen jetzt, dass sie das Gegenteil beweisen kann.“

Birgit Sippel, sozialdemokratische Koordinatorin im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sagte:

„Frau Jourová war in ihren Antworten weder konkret noch überzeugend. Es fehlten wesentliche Details und Sachkenntnis in entscheidenden Themen wie der europäischen Staatsanwaltschaft, dem Datenschutz und der ‚Safe-Harbor‘-Regelung mit den USA. Sie hatte keine konkreten Pläne für Maßnahmen in mehreren für die Sozialdemokratische Fraktion wesentlichen Bereichen wie die Achtung der Grundrechte. Zudem brauchen wir weitere Klarstellungen über ihren Standpunkt zur Personenfreizügigkeit, der besonders verschwommen war.“

Evelyne Gebhardt, sozialdemokratische Koordinatorin im Binnenmarktausschuss, kommentierte den Ausgang der Anhörung wie folgt:

„Frau Jourovás Präsentation war nicht überzeugend. Ich bedauere, dass sie zu zahlreichen Themen keine klaren und konkreten Antworten gab. Ich erhielt den Eindruck, dass sie den Verbraucherrechten nicht so viel Vorrang einräumt, wie wir es wünschen. Das gilt insbesondere für einige unserer zentralen Prioritäten, einschließlich der Harmonisierung der Verbraucherrechte und Mechanismen für die kollektive Rechtsdurchsetzung sowie Produktsicherheit und Marktüberwachung.“

Marie Arena, Koordinatorin der S&D Fraktion im Ausschuss für die Rechte der Frau, sagte abschließend:

„Angesichts des Umfangs ihres Portfolios erschien die designierte Kommissarin Jourová relativ vage bei der Präsentation ihrer Ziele für die Gleichstellung der Geschlechter. Wenn man sich die zahlreichen Herausforderungen vor Augen führt, insbesondere hinsichtlich des Mutterschaftsurlaubs, der Frauen in Unternehmensvorständen, der zunehmenden Armut und der Gewalt gegen Frauen, ist es wichtiger denn je, eine klare Strategie zu haben. Deshalb haben wir von ihr eine weitere Klarstellung verlangt.“

Beteiligte Abgeordnete
Koordinatorin
Deutschland
Mitglied
Belgien
Mitglied
Österreich
S&D-Pressekontakt(e)