Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament begrüßt die jüngste jährliche Bewertung der Rechtsstaatlichkeit in der EU, äußert jedoch Bedenken, dass der Bericht ohne klare und spezifische Empfehlungen an die EU-Regierungen die Lage in den Mitgliedsstaaten nicht verbessern wird.

Der Abgeordneter der S&D Fraktion Domènec Ruiz Devesa, der die Arbeit des Parlaments zur Bewertung des Berichts 2020 leitete, sagte dazu:

„Der Jahresbericht ist ein nützliches Instrument, um den Stand der Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedsstaaten und aus ähnlichen Gründen zu überwachen und zu bewerten. Es fehlen jedoch eindeutig konkrete Folgemaßnahmen mit einem Zeitplan zur Behebung von Problemen. Ohne spezifische Empfehlungen an die Regierungen wird der Bericht zur Rechtsstaatlichkeit sein volles Potenzial nicht entfalten. Der Jahresbericht ist eines von mehreren Instrumenten zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit, über das die EU verfügt, doch die Bemühungen werden beeinträchtigt, wenn keine direkten Verbindungen zwischen den verschiedenen Instrumenten hergestellt werden. Der Bericht verknüpft beispielsweise den Missbrauch von EU-Mitteln nicht mit dem neuen Konditionalitätsmechanismus für die Rechtsstaatlichkeit, dessen Auslösung wir seit Monaten von der Kommission fordern.

Die Angriffe auf die Medienfreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz stehen einmal mehr im Mittelpunkt des Berichts, allerdings nicht in allen Mitgliedsstaaten in gleichem Maße. Leider hat sich die Lage bei den üblichen Verdächtigen Ungarn und Polen ständig verschlechtert. Doch die Realität ist noch schlimmer, als der Bericht vermuten lässt. In Ungarn gibt es Vorwürfe, wonach die Regierung von Viktor Orbán die Pegasus-Software nutze, um Journalisten auszuspionieren. Unterdessen stellt das Versäumnis der polnischen Regierung, Urteile des Europäischen Gerichtshofes umzusetzen, eine systematische Untergrabung der Rechtsordnung der EU dar. In beiden Fällen muss die EU schnell und hart reagieren, um rückschrittliche Regierungen zur Einhaltung des EU-Rechts zu zwingen. Die heutige Entscheidung der Europäischen Kommission, der polnischen Regierung ein Ultimatum unter Androhung von Geldstrafen zu stellen, ist ein gutes Beispiel.

Wir fordern die slowenische Ratspräsidentschaft auf, sich im Rat auf diesen Bericht zu stützen, um zur nächsten Stufe des Artikel-7-Verfahrens gegen Polen und Ungarn überzugehen und Empfehlungen abzugeben. Angesichts der jüngsten Angriffe auf Journalisten und des Versäumnisses, europäische Staatsanwälte zu ernennen, legt die schlechte Bilanz der slowenischen Regierung in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit in diesem Jahr allerdings nahe, dass wir nicht zu viel erwarten sollten.“

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Spanien