Das Europäische Parlament hat heute erstmalig eine Entschließung zur Rechtsstaatlichkeit in Griechenland angenommen. Darin wird große Besorgnis über die systematischen und strukturellen Verletzungen von Rechtsstaatlichkeit, Medienfreiheit und Grundrechten in dem Land geäußert, das seit 2019 von Kyriakos Mitsotakis und damit von einer Partei regiert wird, die der EVP-Fraktion im Europaparlament angehört. 

Die Entschließung basiert auf Fakten und Informationen, die mehrfach von unabhängigen Sachverständigen sowie Nichtregierungs- und Medienorganisationen bestätigt wurden. Auf der extrem langen Liste von Gefahren für die Rechtsstaatlichkeit in Griechenland finden sich Androhungen körperlicher Gewalt und verbale Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten seitens hochrangiger Politiker und Minister, der illegale Einsatz von Überwachungssoftware, darunter Predator, gegen Medienschaffende und politische Gegner, die Ermordung des Journalisten Giorgos Karaivaz im Jahr 2021 und die unsachgemäßen Ermittlungen hierzu sowie der Skandal um die sogenannte Petsas-Liste, bei dem 20 Millionen Euro an staatlichen Geldern an regierungsfreundliche Medien verteilt wurden. 

Trotz all dem hat sich die EVP geweigert, die heutige Entschließung zu Griechenland zu unterstützen, die von sämtlichen demokratischen Fraktionen im Parlament eingebracht wurde. Sie weigerte sich auch, an den Verhandlungen über deren Wortlaut teilzunehmen, anders als bei früheren Entschließungen des Parlaments zum Thema Rechtsstaatlichkeit in nicht von EVP-Parteien regierten Ländern.

Die Regierung Mitsotakis ist dafür bekannt, dass sie bewusst versucht, sich der Kontrolle durch das Europäische Parlament zu entziehen. Im März 2023 weigerten sich der griechische Regierungschef sowie griechische Minister und Beamte, eine Delegation von Europaabgeordneten zu empfangen, die sich in Athen über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in Griechenland informieren wollten. Des Weiteren wies die griechische Regierung eine Aufforderung der Europäischen Staatsanwaltschaft zurück, Maßnahmen bezüglich einer möglichen strafrechtlichen Haftung zweier ehemaliger Verkehrsminister nach dem schlimmsten Zugunglück des Landes im vergangenen Februar zu ergreifen. 

Die S&D-Fraktion fordert die Europäische Kommission und ihren Vizepräsidenten Margaritis Schinas auf, Schritte zur Verteidigung der Demokratie und der Grundrechte in Griechenland einzuleiten. Die griechischen Behörden müssen ihre Geheimhaltung beenden, ihre Angriffe auf kritische Journalistinnen und Journalisten einstellen und den Predator-Skandal aufklären.

Cyrus Engerer, sozialdemokratischer Verhandlungsführer zu Griechenland im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sagte:

„Die EVP hat monatelang versucht, die schlechter werdende Lage bei der Rechtsstaatlichkeit in Griechenland zu vertuschen. Bis heute war es ihr gelungen, das Parlament daran zu hindern, einen förmlichen Standpunkt zu einem Land anzunehmen, das bei der Pressefreiheit wie schon im Vorjahr den letzten Platz unter allen EU-Staaten belegt. Gleichzeitig verlangt die EVP-Fraktion immer als erste vom Parlament, Entschließungen zu Ländern anzunehmen, die nicht von EVP-Parteien regiert werden. 

Wenn sich die EVP schon nicht unsere Bedenken zu Griechenland anhören will, dann sollte sie wenigstens auf die unabhängigen Sachverständigen hören. Erst gestern haben 17 Organisationen, die sich für Menschenrechte und Pressefreiheit einsetzen, einen alarmierenden Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geschickt, um sofortige Maßnahmen gegen den Abbau der Medienfreiheit und Rechtsstaatlichkeit in Griechenland anzumahnen.

Ich bin froh, dass die Entschließung auch die alarmierende Lage der Migrantinnen und Migranten in Griechenland und ihr systematisches Zurückdrängen sowie die schlechten sanitären Bedingungen in den Lagern aufgreift. Auch die Situation von queeren Menschen muss verbessert werden. Die jüngsten Morde an Aktivisten aus der queeren Szene sind ein weiterer Beleg für die gravierenden Missstände bei der griechischen Polizei. Ich hoffe, dass das kürzlich vorgelegte Gesetz zu gleichgeschlechtlichen Ehen schnell verabschiedet werden kann.

Solange diese Regierung unkontrolliert weitermachen darf, ist es das griechische Volk, das leidet. Wir fordern Ministerpräsident Mitsotakis auf, den gefährlichen Weg der Autokratie, den wir in einigen anderen europäischen Ländern sehen, nicht weiter zu verfolgen.“

Beteiligte Abgeordnete
Mitglied
Malta
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