Vor der Sitzung des Rats für Wettbewerbsfähigkeit am Donnerstag fordert die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die EU-Minister nachdrücklich auf, grünes Licht für Verhandlungen mit dem Parlament über die öffentliche länderspezifische Berichterstattung zu geben. In einem Brief auf Initiative von sozialdemokratischen Abgeordneten fordern die Verhandlungsführer und Ausschussvorsitzenden des Europäischen Parlaments den Rat auf, den vier Jahre währenden Stillstand zu überwinden und endlich Fortschritte bei der finanziellen Transparenz und der Bekämpfung der Steuervermeidung zu erzielen.

Evelyn Regner, sozialdemokratische Verhandlungsführerin des Europaparlaments für das Dossier öffentliche länderspezifische Berichterstattung, sagte dazu:

„Jetzt, da Regierungen Unternehmen dabei helfen, die Pandemie mit öffentlichen Geldern zu überwinden, ist es noch wichtiger geworden, sicherzustellen, dass große Unternehmen ihren gerechten Anteil an Steuern zahlen. Die öffentliche und länderbezogene Berichterstattung verpflichtet große multinationale Unternehmen wie Apple und Amazon, offenzulegen, wo sie ihre Gewinne erzielen und Steuern zahlen. Das Vertrauen der  Bürgerinnen und Bürger in unsere Demokratien hängt davon ab, dass alle ihren gerechten Anteil zum Wiederaufbau beitragen. Wir können nicht nur zusehen, während einige große Spieler als Trittbrettfahrer zu Lasten aller anderen reicher werden.

Wir fordern die EU-Minister dringend auf, endlich grünes Licht für den Beginn von Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zu geben. Eine aussagekräftige, öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Rechnungslegung ist ein entscheidendes Instrument für die Verwirklichung der Steuergerechtigkeit.“

Ibán García del Blanco, sozialdemokratischer Verhandlungsführer des Europaparlaments für das Dossier öffentliche und länderbezogene Berichterstattung, sagte:

„Seit vier Jahren kämpfen wir für eine aussagekräftige, öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Berichterstattung, während der Rat Fortschritte bei der Transparenz von Unternehmen und Steuern gebremst hat. Wir möchten der portugiesischen Ratspräsidentschaft Beifall zollen dafür, dass sie die öffentliche und länderspezifische Berichterstattung auf die Tagesordnung gesetzt hat und bei der nächsten Ratssitzung zur Abstimmung stellt. Diesen Donnerstag müssen die EU-Regierungen ihre Karten auf den Tisch legen, und die Öffentlichkeit wird dann wissen, wer sich für finanzielle Transparenz einsetzt und wer die Interessen großer multinationaler Unternehmen schützt, die ihre steuerlichen Pflichten nicht erfüllen.

Der jüngste OpenLux-Skandal hat erneut klargemacht, dass wir dringend eine aussagekräftige finanzielle Transparenz benötigen, um Steuerhinterziehung und Gewinnverlagerungen zu bekämpfen. Diesen Donnerstag muss die EU Fortschritte bei der Steuer- und Unternehmenstransparenz machen.“

Hinweis für die Redaktion:

Im April 2016 hat die EU-Kommission Rechtsvorschriften für die Steuertransparenz von Unternehmen vorgeschlagen, die häufig als öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Rechnungslegung für multinationale Unternehmen bezeichnet werden. Demnach müssten große multinationale Konzerne mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro in einem jährlichen öffentlichen Bericht offenlegen, wo sie tätig sind, wo sie Gewinne machen, und wieviel Steuern und andere Abgaben sie entrichten, und zwar für jedes Land, in dem sie tätig sind sind. Diese Maßnahme würde die bereits existierende Gesetzgebung über den automatischen Austauch von Steuerinformationen ergänzen und eine Rechenschaftspflicht der Konzernmultis gegenüber der Öffentlichkeit und allen anderen Steuerzahlern einführen.

Im Juli 2017 hat das Europaparlament sein Mandat für die interinstitutionellen Verhandlungen (die sogenannten Triloge) beschlossen. Seitdem ist der Rat durch einige Länder blockiert, die den Vorschlag ablehnen, und er hat sich folglich noch nicht auf eine Verhandlungsposition einigen können. Am 24. Oktober 2019 hat das Europäische Parlament eine starke Resolution verabschiedet und die Mitgliedsstaaten nachdrücklich aufgefordert, den Stillstand im Rat zu überwinden, ihre erste Lesung zur öffentlichen und nach Ländern aufgegliederten Rechnungslegung abzuschließen und interinstitutionelle Verhandlungen mit dem Parlament aufzunehmen. Diesen Donnerstag könnte der Rat für Wettbewerbsfähigkeit sich auf ein Mandat einigen und bald seine allgemeine Ausrichtung beschließen.

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Spanien
Mitglied
Österreich
S&D-Pressekontakt(e)