Das Europäische Parlament hat heute einen europäischen Gesetzesvorschlag, der die Steuervermeidung durch die Gründung von Scheinfirmen verhindern soll, fast einstimmig angenommen – die sogenannte UNSHELL-Richtlinie. Die Sozialdemokratische Fraktion, die seit jeher Steuergerechtigkeit fordert und sich für diesen neuen Rechtsakt eingesetzt hat, ruft die EU-Mitgliedstaaten nunmehr dazu auf, die klare Haltung des Parlaments anzuerkennen und rasch zu handeln, damit die neuen Bestimmungen eingeführt und durchgesetzt werden können. Mit 637 Ja-Stimmen bei nur zwei Gegenstimmen hat sich das Europaparlament mit seltener Deutlichkeit für eine stärkere Steuergerechtigkeit ausgesprochen.

Die UNSHELL-Richtlinie soll verhindern, dass europäische Unternehmen ohne oder mit nur minimaler wirtschaftlicher Tätigkeit etwaige Steuervorteile in den Mitgliedstaaten, in denen sie niedergelassen sind, in Anspruch nehmen können. Die im Zuge des OpenLux-Skandals verfasste Richtlinie soll Transparenzstandards sowie objektive Indikatoren zu Einkommen, Personal und Firmenräumlichkeiten festlegen, die den Steuerbehörden helfen können, Missbrauch zu erkennen und Unternehmen ausfindig zu machen, die nur auf dem Papier bestehen.

Paul Tang, sozialdemokratischer Schattenberichterstatter über die UNSHELL-Richtlinie, sagte:

„Dieser Rechtsakt, der erste seiner Art, wird die Steuerlandschaft in der EU verändern. Unternehmen werden die Unterschiede in unseren Steuersystemen nicht länger durch die Einrichtung von Scheinfirmen missbrauchen können. Wir können in der europäischen Firmenlandschaft aufräumen, indem wir legitime Unternehmen von bloßen Briefkastenfirmen unterscheiden, die nur gegründet werden, um Steuervorteile auszunutzen. Durch die Demontage solcher Briefkastenfirmen werden alle Unternehmen ihren gerechten Steueranteil zahlen müssen, so wie alle anderen auch. Die Staatseinnahmen können so um 60 Milliarden Euro steigen. Dieses Geld ist dringend nötig, damit wir die Rechnungen für alle senken können.“

Die im Steuerbereich bislang beispiellose Unterstützung durch meine Parlamentskolleginnen und -kollegen sendet eine klare Botschaft an die Länder der EU: Es ist Zeit, zu handeln. Setzt die Richtlinie ohne Ausnahmeregelungen für zwischengeschaltete Finanzunternehmen um. Und besteuert Superreiche sowie multinationale Großkonzerne.“

Jonás Fernández, Sprecher der S&D-Fraktion für Wirtschafts- und Währungsfragen, fügte hinzu:

„Die Sozialdemokratische Fraktion fordert schon seit Langen die Einführung von Vorgaben zur Mindestsubstanz, was die Geschäftsräume und Bankkonten von Unternehmen angeht, sowie zur steuerlichen Ansässigkeit von Firmenleitern und Beschäftigten. Briefkastenfirmen, die nur zwischengeschaltet werden, um Gewinne in Steueroasen umzuleiten, sollten nicht in den Genuss von in der EU gewährten Steuervorteilen kommen. Mit dem heutigen Votum haben wir unser Bekenntnis zur Bekämpfung von Steuervermeidung und aggressiver Steuergestaltung in der EU und in der ganzen Welt bekräftigt.

Unsere dringende Empfehlung an alle Mitgliedstaaten lautet, ehrgeizig und zukunftsgerichtet zu agieren, um die vorgeschlagenen Rechtsvorschriften so schnell wie möglich umzusetzen.“

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Spanien
Mitglied
Niederlande
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