Die von Viktor Orbán geführte ungarische Regierung muss ihr Veto gegen die Umsetzung
des globalen Abkommens über einen effektiven Mindeststeuersatz für multinationale
Unternehmen in europäisches Recht sofort zurücknehmen. Nationale Vetos dürfen nicht für
politische Verhandlungen missbraucht und benutzt werden. Ein anderer Ausweg – wie zum
Beispiel ein Übergang zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit in Steuersachen –
muss gefunden werden, um die lähmende Wirkung der Einstimmigkeitsentscheidung zu
überwinden, die uns daran hindert, unser Versprechen für Steuergerechtigkeit zu erfüllen.

Das sind einige der wichtigsten Botschaften, die die Sozialdemokratische Fraktion
hervorgehoben hat, als das Europäische Parlament heute eine Entschließung verabschiedete,
in der nationale Vetos zur Unterwanderung des globalen Steuerabkommens kritisiert werden.
Die Einführung eines effektiven Mindeststeuersatzes von 15% für Unternehmen, wie er im
vergangenen Oktober von den OECD-/G20-Ländern* auf globaler Ebene vereinbart wurde,
würde der EU jährlich 64 Milliarden Euro an zusätzlichen, dringend benötigten Steuereinnahmen einbringen. Mehr denn je werden zusätzliche Finanzmittel benötigt, um mit
den Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine fertig zu werden, den
Wiederaufbau nach der Pandemie zu finanzieren und den grünen Übergang zu verwirklichen.

Doch nachdem Polen sein langjähriges Veto gegen die Umsetzung des Abkommens in der
EU zurückgezogen hat, blockiert nun Ungarn das Abkommen. Dieses Veto stellt einen dritten
gescheiterten Versuch der EU-Finanzminister dar, einen Konsens zu erzielen, und stellt die
Durchführbarkeit der Einstimmigkeit in der Steuerpolitik ernsthaft in Frage, da es zeigt, dass
es nicht geeignet ist, die steuerlichen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen und für
Steuergerechtigkeit für die Bürgerinnen und Bürger zu sorgen.

Biljana Borzan, für Wirtschaftsfragen zuständige Vizevorsitzende der S&D Fraktion,
sagte dazu:

„Orbán muss das Veto gegen die globale Mindeststeuer für multinationale Unternehmen
sofort zurückziehen und die EU für Steuergerechtigkeit für ihre Bürger und Bürgerinnen
sorgen lassen. Nationale Vetos dürfen nicht als Faustpfand verwendet werden, um den
Fortschritt in der EU zu untergraben.

Alle EU-Mitgliedsstaaten, auch Ungarn, haben sich bereits auf globaler Ebene auf den Deal
geeinigt. Unsere internationalen Partner, insbesondere die USA, verlassen sich auf unser
Versprechen, den effektiven Mindeststeuersatz durchzuziehen und umzusetzen.

Diese schädlichen nationalen Vetos gefährden unsere internationalen Verpflichtungen und
schaden der Glaubwürdigkeit der Europäischen Union.“

Die für die Entschließung verantwortliche Sprecherin der S&D Fraktion für
Steuerfragen und Berichterstatterin des Europäischen Parlaments zur Umsetzung des
effektiven Mindeststeuersatzes für multinationale Unternehmen, Aurore Lalucq,
unterstrich:

„Die EU hat die Pflicht, für Steuergerechtigkeit für unsere Bürgerinnen und Bürger zu
sorgen. Jedes Jahr verlieren wir bis zu 190 Milliarden Euro durch Steuervermeidung und
aggressiven Steuerwettbewerb. Für die EU ist es von entscheidender Bedeutung, das
Abkommen zu retten und einen Weg zur Annahme dieser Rechtsvorschriften zu finden.
Um unsere Verpflichtungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und internationalen
Partnern zu erfüllen, müssen wir in Steuerfragen von der Einstimmigkeit zur qualifizierten
Mehrheit übergehen. Steuerangelegenheiten sind zu wichtig, um als Faustpfand verwendet zu
werden, und wir können nicht länger akzeptieren, dass Orbán dank dieses Vetos den Rest
Europas als Geisel hält.

Zu lange scheinen wir unsere Gemeinschaftswerte aufgegeben zu haben, aber jetzt ist der
Zeitpunkt, um damit Schluss zu machen. Deshalb plädieren wir für einen Übergang zur
qualifizierten Mehrheit in Steuerangelegenheiten. Wir fordern die Kommission auch auf,

Artikel 116** zu nutzen, um diese unhaltbare Situation zu überwinden, und wir fordern die
Mitgliedsstaaten und die Kommission auf, die Umsetzung des globalen Steuerabkommens
durch ein Verfahren der ‚verstärkten Zusammenarbeit‘*** zu prüfen.

Es ist höchste Zeit, dass wir handeln und alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente
nutzen, um unsere Ziele zu verwirklichen.“
Lesen Sie mehr über die langjährige Kampagne der S&D Fraktion für Steuergerechtigkeit.

Hinweis für die Redaktion:

* Im Oktober 2021 erzielten 137 Länder auf der ganzen Welt eine historische Vereinbarung
zur Einführung eines effektiven Mindeststeuersatzes von 15% für Unternehmen, der erstmals
dem Steuerwettbewerb zwischen den Ländern ein Ende setzen würde.

Es muss betont werden, dass es sich um den effektiven Steuersatz handelt, also die Steuer, die
das Unternehmen tatsächlich zahlt, nach Berücksichtigung aller möglichen
Steuervergünstigungen oder Steuerbefreiungen.

Dieses globale Abkommen, das im Rahmen der OECD/G20 geschlossen wurde, muss nun in
europäisches Recht und in die Rechtsrahmen aller anderen Unterzeichnerstaaten umgesetzt
werden. Drei Fehlschläge der EU-Finanzminister bedeuten, dass es immer noch keine
Einigung über seine Umsetzung in EU-Recht gibt.

** Artikel 116 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU verweist auf eine Bestimmung in
den Verträgen, wonach die Einstimmigkeitsentscheidung in Fällen von
Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt durch eine Beschlussfassung mit qualifizierter
Mehrheit ersetzt werden kann.

*** Die verstärkte Zusammenarbeit ist ein Verfahren, das es einer Mindestanzahl von neun
EU-Mitgliedsstaaten ermöglicht, in einem bestimmten Bereich innerhalb der EU
zusammenzuarbeiten, wenn sich die Union als Ganzes nicht innerhalb einer angemessenen
Frist auf eine solche Zusammenarbeit einigen kann. Das Verfahren soll Pattsituationen
überwinden, wenn ein bestimmter Vorschlag von einem oder mehreren Mitgliedsstaaten
blockiert wird.

Dieses Verfahren ist schon mehrfach angewendet worden, beispielsweise im Scheidungsrecht
und im Patentwesen sowie zum Schutz der finanziellen Interessen der EU durch die
Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft.

Beteiligte Abgeordnete
Delegationsleiterin
Vizevorsitzende
Kroatien
Koordinatorin
Frankreich
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