Das Europäische Parlament wird heute ein Gesetz zur öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung verabschieden, das große multinationale Unternehmen im Rahmen der finanziellen Transparenz verpflichtet, zu veröffentlichen, wo sie ihre Gewinne erzielen und wo sie ihre Steuern zahlen. Das neue Gesetzt beinhaltet auch die Verpflichtung für Unternehmen, die Anzahl ihrer Vollzeitbeschäftigten, ihre Umsätze und gezahlten Steuern sowie alle Gewinne und Verluste in jedem Land, in dem sie tätig sind, zu veröffentlichen – innerhalb der Europäischen Union und in Steueroasen.

Als Teil unserer Kampagne für Steuergerechtigkeit hat die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die Bemühungen um eine öffentliche und länderspezifische Rechnungslegung angeführt. Nachdem das Dossier von einigen Mitgliedsstaaten im Rat fünf Jahre lang blockiert worden war, konnten im Juni 2021 die sozialdemokratischen Unterhändlerinnen und Unterhändler des Parlaments, Evelyn Regner und Ibán García del Blanco, unter portugiesischer Präsidentschaft endlich eine erfolgreiche Vereinbarung über eine aussagekräftige finanzielle Transparenz abschließen, die den Kommissionsvorschlag deutlich verbessert. Dieses Gesetz ist weltweit das erste seiner Art, das derzeit nicht veröffentlichte Informationen öffentlich zugänglich machen wird.

Evelyn Regner, sozialdemokratische Verhandlungsführerin des Parlaments für die öffentliche länderbezogene Berichterstattung, sagte dazu:

„Das neue Gesetz über die öffentliche länderbezogene Berichterstattung wird große multinationale Unternehmen endlich dazu verpflichten, öffentlich darzulegen, wo sie ihre Gewinne erzielen und wo sie ihre Steuern zahlen. Das wird nicht nur den Appetit der Anlegerinnen und Anleger steigern, was besonders wichtig ist, da wir mehr denn je Investitionen benötigen, um unsere angeschlagenen Volkswirtschaften wiederzubeleben, sondern auch die öffentliche Kontrolle bekannter Steuerhinterzieher wie Apple und Amazon stärken. Dank der neuen Vorschriften werden wir wissen, welche Unternehmen Trittbrettfahrer sind und welche ihren gerechten Beitrag zur Gesellschaft leisten.

Da es uns gelungen ist, Veröffentlichungspflichten für Drittstaaten aufzunehmen, die auf den grauen oder schwarzen Listen der Steueroasen der EU aufgeführt sind, wird das neue Gesetz über die öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Berichterstattung unseren Kampf gegen Steueroasen stärken.

Ich bin stolz, dass wir es geschafft haben, eine Lücke zu schließen, durch die nichteuropäische Unternehmen den neuen Regeln hätten entkommen können, indem sie einfach eine Erklärung abgeben. Auf EU-Boden müssen für EU-Unternehmen und Nicht-EU-Unternehmen die gleichen Regeln gelten.“

Ibán García del Blanco, sozialdemokratischer Verhandlungsführer des Europaparlaments für das Dossier, sagte:

„Seit fünf Jahren kämpft das Parlament unter der Führung der Sozialdemokratischen Fraktion für eine aussagekräftige öffentliche und länderspezifische Berichterstattung, während einige EU-Regierungen auf die Bremse traten. Das heute vom Europäischen Parlament angenommene neue Gesetz ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Unternehmenstransparenz und enthält deutliche Verbesserungen.

In den Verhandlungen ist es uns gelungen, die Forderung aufzunehmen, dass Unternehmen alle ihre Vollzeitbeschäftigten melden und alle Tochtergesellschaften auflisten müssen. Das wird es für Unternehmen wesentlich schwieriger machen, ihre tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivitäten in jedem Land zu verschleiern.

Um die öffentliche Kontrolle wirklich zu stärken, müssen die Daten vollständig verfügbar und leicht zugänglich sein. Wir haben dafür gekämpft und erreicht, dass die Daten kostenlos, in einem offenen Format und in einer gemeinsamen Vorlage erhältlich sein werden.

Die Pandora Papers haben erneut bewiesen, dass wir dringend und rasch eine öffentliche länderbezogene Berichterstattung brauchen. Wir bedauern zutiefst, dass die EU-Regierungen zu diesem Zeitpunkt nicht bereit waren, unsere Forderung nach einer weltweiten Aufschlüsselung von Daten, die seit langem eine Priorität des Parlaments ist, zu unterstützen. Wir haben jedoch eine strenge Überprüfungsklausel durchgesetzt, um den Kampf für die weltweite Aufschlüsselung der Informationen fortzusetzen und die Auswirkungen der Schutzklausel zu begrenzen, die es Unternehmen ermöglicht, eine Berichterstattung zu vermeiden, um ihre geschäftlichen Interessen zu schützen. Wir sind stolz auf das, was wir erreichen konnten, und wir sind entschlossen, die nach Ländern aufgegliederte öffentliche Berichterstattung in der kommenden Überprüfung noch ambitionierter zu gestalten.“

Hinweis für die Redaktion:

Nach den Panama Papers hat die EU-Kommission im April 2016 Rechtsvorschriften für die Steuertransparenz von Unternehmen vorgeschlagen, die gemeinhin als öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Berichterstattung für multinationale Unternehmen bezeichnet werden. Demnach müssten große multinationale Konzerne mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro in einem jährlichen öffentlichen Bericht offenlegen, wo sie tätig sind, wo sie Gewinne machen, und wieviel Steuern und andere Abgaben sie entrichten, und zwar für jedes Land, in dem sie tätig sind. Diese Maßnahme wäre eine Ergänzung der bereits bestehenden Gesetzgebung über den automatischen Austausch von Steuerinformationen und führt eine Rechenschaftspflicht der Konzernmultis gegenüber der Öffentlichkeit und allen anderen Steuerzahlern ein.

Im Juli 2017 hat das Europaparlament sein Mandat für die interinstitutionellen Verhandlungen (die sogenannten Triloge) beschlossen. Fünf Jahre lang war der Rat durch einige Länder blockiert, die den Vorschlag ablehnten. Am 24. Oktober 2019 hat das Europäische Parlament eine starke Resolution verabschiedet und die Mitgliedsstaaten nachdrücklich aufgefordert, den Stillstand im Rat zu überwinden, ihre erste Lesung zur öffentlichen und nach Ländern aufgegliederten Rechnungslegung abzuschließen und interinstitutionelle Verhandlungen mit dem Parlament aufzunehmen. Die portugiesische Ratspräsidentschaft hat es endlich geschafft, die Blockade zu beseitigen, was zu einer politischen Einigung über die öffentliche länderspezifische Berichterstattung im Juni 2021 geführt hat. Heute wird das Plenum des Europäischen Parlaments das neue Gesetz annehmen.

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Spanien
Mitglied
Österreich
S&D-Pressekontakt(e)