Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament fordert die EU-Mitgliedsstaaten auf, die Verfahren nach Artikel 7 endlich ernst zu nehmen, wenn sie heute im Rat für Allgemeine Angelegenheiten zusammentreten und erklären, dass die eindeutige Gefahr eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit und die europäischen Werte durch die von der PiS geführte Regierung in Polen und die von Fidesz geführte Regierung in Ungarn besteht. Das Versäumnis des Rates, das Verfahren nach Artikel 7 anzuwenden, um die Werte der EU dort durchzusetzen, wo sie gefährdet sind, wie es das Parlament wiederholt gefordert hat, untergräbt die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union.

Die S&D Fraktion fordert klare Empfehlungen für beide Länder und Sanktionen für den Fall, dass der Verstoß andauert. Gleichzeitig muss die Europäische Kommission alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente einschließlich des neuen Konditionalitätsmechanismus sofort und auf wirksame Weise einsetzen, um diese Verstöße unverzüglich zu stoppen.

Birgit Sippel, sozialdemokratische Fraktionssprecherin für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sagte dazu:

„Es ist beschämend, dass in den Artikel-7-Verfahren eineinhalb Jahre ohne Anhörung zu Ungarn und mehr als zwei Jahre ohne Anhörung zu Polen vergangen sind, zumal sich die Situation in beiden Mitgliedsstaaten während der Pandemie deutlich verschlechtert hat. Trotz beharrlicher Forderungen hat der Rat die Hände in den Schoss gelegt und nach Gründen gesucht, um nicht zu handeln. Wir wissen, dass Anhörungen allein nicht ausreichen, um diese rückschrittlichen Regierungen umzukehren. Daher braucht es konkrete Empfehlungen des heutigen Ratstreffens, um den von diesen konservativen Regierungen angerichteten Schaden zu korrigieren und rückgängig zu machen.

Auch die Kommission muss endlich aufwachen, ihrer Verantwortung gerecht werden und den neuen Konditionalitätsmechanismus wirksam einsetzen. Sie muss aufhören, die vorgebliche Notwendigkeit von Leitlinien als Vorwand zu verwenden, um weitere Maßnahmen zu verzögern, und sie muss mit der Anwendung der vorliegenden Verordnung beginnen. Zudem sind wir entsetzt über einige der Standardantworten der Kommission, wie letzte Woche ihre Reaktion auf Orbáns Gesetzesvorschläge, die die LGBTI+-Gemeinschaft dämonisieren. Wir müssen schnell und entschieden gegen jegliche Rückschritte bei den EU-Werten vorgehen, alles andere ist unentschuldbar. Orbáns jüngste spöttische Bemerkung über das Europäische Parlament am Wochenende ist ein Zeichen dafür, dass unsere Entschlossenheit, die Rechte der Menschen zu schützen, Wirkung zeigt.“

Juan Fernando López Aguilar, sozialdemokratischer Berichterstatter des Europäischen Parlaments über die Rechtsstaatlichkeit in Polen und Vorsitzender des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sagte:

„Es ist sehr schwierig, die Untätigkeit des Rates zu verkraften, die die PiS- und Fidesz-Regierungen lediglich ermutigt, ihren aktuellen antidemokratischen Weg fortzusetzen. Wir fordern die Mitgliedsstaaten auf, die Verfahren nach Artikel 7 endlich auf die nächste Stufe zu bringen und zu erklären, dass eindeutig die Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte durch Polen und Ungarn besteht. Sollte der Verstoß andauern, müssen Sanktionen folgen.

Welche Beweise brauchen wir noch? Kaczynski und Orbán führen einen totalen Krieg gegen die Rechtsstaatlichkeit, unabhängige Medien, Frauen und die LGBTI+-Gemeinschaft. Polen ignoriert sogar Urteile des Europäischen Gerichtshofs!

Es gibt beunruhigende Signale dafür, dass einige Mitgliedsstaaten tatsächlich Orbán und Kaczynski unterstützen würden, falls es zu einer Abstimmung kommt. Wir rufen diese Länder auf, dies nicht zu tun und auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen!

Schließlich hat unser Haus die Europäische Kommission bereits vor einem Jahr aufgefordert, den Anwendungsbereich des Artikel-7-Verfahrens in Polen auszuweiten und die Lage der Demokratie sowie die Achtung der Grundrechte mit einzubeziehen.“

Beteiligte Abgeordnete
Koordinatorin
Deutschland
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