Im Nachgang zu den Wahlen in Serbien, die von Berichten über verbreitete und systematische Betrugsvorgänge überschattet wurden, fordert die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament eine Expertenmission, um die systemischen Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit in Serbien zu bewerten und zu beheben. Als Vorbild könnten die Priebe-Berichte* dienen. Dies ist eine der Kernbotschaften in der Entschließung des Europäischen Parlaments, die unter Führung der S&D-Fraktion ausgehandelt wurde und heute angenommen werden soll.

Andreas Schieder, sozialdemokratisches Mitglied der Wahlbeobachtungsmission des Europäischen Parlaments in Serbien, sagte:

„Mit der heutigen Entschließung senden wir eine wichtige Botschaft an den serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić und seine regierende SNS-Partei, die systematisch internationale Forderungen ignoriert haben, gegen die berichteten Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen vorzugehen und internationale Demokratiestandards zu respektieren.

Wir empfehlen der Europäischen Kommission, eine Expertenmission ins Leben zu rufen, um die systemischen Probleme im Bereich der Rechtsstaatlichkeit in Serbien nach dem Vorbild der Priebe-Expertengruppe zu bewerten und zu beseitigen. Dies ist nötig, um das Vertrauen der Menschen in die staatlichen Institutionen wiederherzustellen.

Außerdem fordern wir eine unabhängige internationale Untersuchung aller berichteten Wahlunregelmäßigkeiten wie Phantomwähler, Stimmenkauf, Wahlfälschung, Einschüchterung, voreingenommene Berichterstattung, Missbrauch öffentlicher Mittel und Druck auf öffentliche Bedienstete.“ 

Tonino Picula, außenpolitischer Sprecher der S&D-Fraktion, fügte hinzu:

„Es ist schwer zu glauben, dass die alarmierenden Betrugsvorwürfe einem EU-Kandidatenland gelten. Es sollte auf der Hand liegen, dass die Beitrittsverhandlungen mit Serbien nicht ohne erhebliche Fortschritte bei EU-spezifischen Reformen, darunter die vollständige Umsetzung der internationalen Wahlempfehlungen, vorangehen können.

In den letzten zwölf Jahren kam es mit nur einer Ausnahme zur vorzeitigen Auflösung des serbischen Parlaments. Diese unnötigen vorgezogenen Neuwahlen haben die politische Stabilität und die Demokratie untergraben. Den serbischen Behörden mangelt es an Respekt für die grundlegenden demokratischen Normen der EU und der Weltgemeinschaft. Wir müssen einen Weg finden, um Vučićs Machtstreben durch den systematischen Missbrauch von Institutionen und Medien zu beenden.

Wir haben ein ums andere Mal betont, dass dies nur möglich ist, wenn die EU ihre Beschwichtigungspolitik gegenüber Vučić aufgibt und dafür sorgt, dass Serbien als größtes Land in der Region seine Verantwortung für Stabilität und Frieden auf dem Westbalkan in vollem Umfang wahrnimmt.

Die Hauptverantwortung hierfür liegt bei den europäischen Konservativen – Vučićs politischer Heimat –, die aufhören sollten, die Augen vor den Geschehnissen in Serbien zu verschließen. Es scheint, als ob die EVP rein gar nichts aus ihren Machenschaften mit Viktor Orbán gelernt hätte.“

* Hinweis für die Redaktion:

Infolge der politischen Krise in Nordmazedonien im Jahr 2015 berief die EU eine Gruppe unabhängiger Experten unter der Leitung von Reinhard Priebe ein, einem pensionierten Direktor der Europäischen Kommission, die den Auftrag erhielt, systemische Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit in dem Land zu ermitteln. Diese Art des Arbeitens außerhalb der formalisierten EU-Strukturen sollte eine bessere Analyse ermöglichen als die reguläre EU-Berichterstattung. Die Expertenmission gipfelte im Priebe-Bericht, der zur Verhinderung der Vereinnahmung des Staates in den westlichen Balkanländern noch immer als Referenzwerk gilt. Es folgten zwei weitere Priebe-Berichte: ein zweiter Bericht über die Rechtsstaatlichkeit in Nordmazedonien im Jahr 2017 und ein Bericht über die Lage in Bosnien und Herzegowina im Jahr 2019.

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Kroatien
Delegationsleiter
Mitglied
Österreich
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