Heute Abend haben das Europäische Parlament und die EU-Regierungen eine Einigung über die öffentliche länderbezogene Berichterstattung erzielt, die große multinationale Unternehmen verpflichtet, zu veröffentlichen, wo sie ihre Gewinne erzielen und wo sie ihre Steuern zahlen. Diese politische Einigung beinhaltet auch die Verpflichtung für Unternehmen, die Anzahl ihrer Vollzeitbeschäftigten, ihre Umsätze und gezahlten Steuern sowie alle Gewinne und Verluste in jedem Land, in dem sie tätig sind, zu veröffentlichen – innerhalb der Europäischen Union und in Steueroasen. Der portugiesischen Präsidentschaft ist es gelungen, die fünfjährige Blockade im Rat zu durchbrechen und damit den Weg für eine Vereinbarung zu ebnen.

Als Teil unserer Kampagne für Steuergerechtigkeit hat die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament in den letzten fünf Jahren die Bemühungen um eine öffentliche und länderspezifische Rechnungslegung angeführt. Die sozialdemokratischen Unterhändlerinnen und Unterhändler des Parlaments, Evelyn Regner und Ibán García del Blanco, konnten endlich eine erfolgreiche Vereinbarung über eine aussagekräftige finanzielle Transparenz abschließen – die weltweit erste ihrer Art, die derzeit nicht offengelegte Informationen öffentlich zugänglich machen wird.

Evelyn Regner, sozialdemokratische Verhandlungsführerin des Parlaments für die öffentliche länderbezogene Berichterstattung, sagte dazu:

„Die heutige Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und den EU-Regierungen legt den Grundstein für mehr Steuergerechtigkeit, und dies wird große multinationale Unternehmen endlich dazu verpflichten, öffentlich darzulegen, wo sie ihre Gewinne erzielen und wo sie ihre Steuern zahlen. Diese Entscheidung wird nicht nur den Appetit der Anlegerinnen und Anleger steigern, was besonders wichtig ist, da wir mehr denn je Investitionen benötigen, um unsere angeschlagenen Volkswirtschaften wiederzubeleben, sondern auch die öffentliche Kontrolle bekannter Steuerhinterzieher wie Apple und Amazon stärken. Dank der neuen Regeln werden wir wissen, welche Unternehmen Trittbrettfahrer sind und welche ihren gerechten Beitrag zur Gesellschaft leisten.

Die Vereinbarung über die öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Berichterstattung wird unseren Kampf gegen Steueroasen stärken. Zumal es uns gelungen ist, Veröffentlichungspflichten für Drittstaaten aufzunehmen, die auf den grauen oder schwarzen Listen der Steueroasen der EU aufgeführt sind.

Ich bin stolz, dass wir es geschafft haben, eine Lücke zu schließen, durch die nichteuropäische Unternehmen den neuen Regeln hätten entkommen können, indem sie einfach eine Erklärung abgeben. Auf EU-Boden müssen für EU-Unternehmen und Nicht-EU-Unternehmen die gleichen Regeln gelten.

Jetzt, da Regierungen Unternehmen mit öffentlichen Geldern helfen, die Pandemie zu überwinden, ist es noch wichtiger geworden, sicherzustellen, dass große Unternehmen ihren gerechten Steueranteil zum Wiederaufbau beitragen.“

Ibán García del Blanco, sozialdemokratischer Verhandlungsführer des Europaparlaments für das Dossier öffentliche und länderbezogene Berichterstattung, sagte:

„Seit fünf Jahren kämpft das Parlament unter der Führung der Sozialdemokratischen Fraktion für eine aussagekräftige öffentliche und länderspezifische Berichterstattung, während einige EU-Regierungen auf die Bremse treten. Wir bedauern zwar zutiefst, dass der Rat unsere beharrlichen Forderungen nach einem weltweit nach Ländern aufgeschlüsselten Bericht abgelehnt hat, doch die heute erzielte Einigung ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Unternehmenstransparenz und enthält eine Reihe von Verbesserungen.

In den Verhandlungen ist es uns gelungen, die Forderung aufzunehmen, dass Unternehmen alle ihre Vollzeitbeschäftigten melden und alle Tochtergesellschaften auflisten müssen. Dies wird es für Unternehmen wesentlich schwieriger machen, ihre tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivitäten in jedem Land zu verschleiern.

Wir haben eine strenge Überprüfungsklausel durchgesetzt, um den Kampf für die weltweite Aufschlüsselung der Informationen fortzusetzen und die Auswirkungen der Schutzklausel zu begrenzen, die es Unternehmen ermöglicht, eine Berichterstattung zu vermeiden, um ihre geschäftlichen Interessen zu schützen. In Zukunft werden wir dies sicher noch ambitionierter gestalten.

Um die öffentliche Kontrolle wirklich zu stärken, müssen die Daten vollständig verfügbar und leicht zugänglich sein. Wir haben dafür gekämpft und erreicht, dass die Daten kostenlos, in einem offenen Format und in einer gemeinsamen Vorlage erhältlich sein werden.“

Hinweis für die Redaktion:

Im April 2016 hat die EU-Kommission Rechtsvorschriften für die Steuertransparenz von Unternehmen vorgeschlagen, die häufig als öffentliche und nach Ländern aufgegliederte Rechnungslegung für multinationale Unternehmen bezeichnet werden. Demnach müssten große multinationale Konzerne mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro in einem jährlichen öffentlichen Bericht offenlegen, wo sie tätig sind, wo sie Gewinne machen, und wieviel Steuern und andere Abgaben sie entrichten, und zwar für jedes Land, in dem sie tätig sind sind. Diese Maßnahme wäre eine Ergänzung der bereits bestehenden Gesetzgebung über den automatischen Austauch von Steuerinformationen und würde eine Rechenschaftspflicht der Konzernmultis gegenüber der Öffentlichkeit und allen anderen Steuerzahlern einführen.

Im Juli 2017 hat das Europaparlament sein Mandat für die interinstitutionellen Verhandlungen (die sogenannten Triloge) beschlossen. Seitdem ist der Rat durch einige Länder blockiert, die den Vorschlag ablehnen, und er hat sich folglich noch nicht auf eine Verhandlungsposition einigen können. Am 24. Oktober 2019 hat das Europäische Parlament eine starke Resolution verabschiedet und die Mitgliedsstaaten nachdrücklich aufgefordert, den Stillstand im Rat zu überwinden, ihre erste Lesung zur öffentlichen und nach Ländern aufgegliederten Rechnungslegung abzuschließen und interinstitutionelle Verhandlungen mit dem Parlament aufzunehmen. Die portugiesische Ratspräsidentschaft hat es endlich geschafft, die Blockade zu beseitigen, was zur heutigen politischen Einigung über die öffentliche länderspezifische Berichterstattung geführt hat. Die Vereinbarung muss noch vom Plenum des Europäischen Parlaments bestätigt werden.

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Spanien
Mitglied
Österreich
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