Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament lehnt die sogenannte Schnelllösung (Quick Fix) für die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) entschieden ab und stimmte heute im Wirtschafts- und Währungsausschuss dagegen. Das erklärte Ziel der EU-Kommission ist es, Änderungen am MiFID-System vorzunehmen, um die Auswirkungen der Covid-19-Krise zu mildern und dadurch Investitionen in die Realwirtschaft zu fördern und Ressourcen für Unternehmen und Investoren freizusetzen.

Die Vorschläge der Kommission, die ohne eine ordnungsgemäße Konsultation und Folgenabschätzung vorgelegt wurden, gingen so weit, dass einige Transparenzanforderungen und Positionslimits im Markt für Derivate gezielt beseitigt werden sollen. Die im Dezember erreichte Vereinbarung zwischen dem EVP-Verhandlungsführer und der deutschen Ratspräsidentschaft konnte den Kommissionsvorschlag in jenen Punkten, die die Sozialdemokratische Fraktion als entscheidend erachtet, um die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) tatsächlich zu unterstützen, statt den Sonderinteressen der Finanzdienstleistungsindustrie zuliebe zu deregulieren, nicht verbessern.

Eero Heinäluoma, sozialdemokratischer Verhandlungsführer für den MiFID-Quick-Fix, sagte dazu:

„Die Sozialdemokratische Fraktion lehnt die MiFID-Schnelllösung in ihrer aktuellen Form ab, da diese keine Unterstützung für die Klein- und Mittelbetriebe bietet, die verhungern, weil sie keine Kredite erhalten. Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat unserer Wirtschaft und unerlässlich für den Wiederaufbau. Deshalb müssen wir dringend Investitionen in die Realwirtschaft fördern. Der von der Fraktion der Europäischen Volkspartei ausgehandelte Kompromiss unterstützt angeblich die KMU, spielt aber in Wirklichkeit dem freien Markt in die Hände. Kein Anlegerverband, keine Nichtregierungsorganisation, keine Denkfabrik hat sich für diese vorgeschlagenen Maßnahmen ausgesprochen. Es ist offensichtlich, dass die Befürworter dieser MiFID-Schnelllösung versuchen, die Covid-19-Krise als Deckmantel zu nutzen, um die strengen Finanzmarktvorschriften zu lockern, die nach der letzten Finanzkrise eingeführt worden sind.

Um das von den Klein- und Mittelbetrieben dringendst benötigte Kapital zu beschaffen und die Anleger zu überzeugen, mehr Liquidität in die Märkte zu pumpen, ist Klarheit bezüglich der Regeln für Product Governance und der wirklichen Kosten im Zusammenhang mit Anlageprodukten von entscheidender Bedeutung. Diese Schnelllösung unterminiert diese Ziele gleich auf mehrfache Art und Weise. Erstens würde dieser MiFID-Quick-Fix durch die vorgeschlagenen beträchtlichen Ausnahmen genau jene Regeln unterminieren, die die Anleger vor allen möglichen Arten von missbräuchlichen Verkäufen schützen. Solch ein Schritt kann nicht gerechtfertigt werden, schon gar nicht während einer Krise. Zweitens würde die erneute Bündelung der Anlageforschung für KMU zu weniger Klarheit bei den Forschungskosten führen. Die Anleger würden diese Kosten weniger gut verstehen. Dadurch würden die Errungenschaften von MiFID 2 rückgängig gemacht, die durch größere Kostentransparenz und die Lösung von Interessenskonflikten zu einer Senkung der Kosten für Kleinanleger beigetragen haben. Drittens fällt es uns mangels einer starken Folgenabschätzung schwer, die Notwendigkeit und den Mehrwert der Aufhebung von Bestimmungen rund um die Positionslimits in Derivatekontrakten zu erkennen.

Wir fordern die Kommission auf, nach einer umfassenden Konsultation aller Beteiligten und auf der Grundlage einer seriösen Folgenabschätzung bis Mitte des Jahres Vorschläge für eine ehrgeizige und ausgewogene Reform der MiFID-Regeln vorzulegen, die die Anleger schützen und den Klein- und Mittelbetrieben helfen werden.“

Jonás Fernández, S&D Fraktionssprecher für Wirtschafts- und Währungsangelegenheiten, sagte:

„Die Covid-19-Pandemie trifft Haushalte und Unternehmen schwer, und viele Europäerinnen und Europäer leiden unter der schlimmsten Gesundheits- und Wirtschaftskrise ihres Lebens. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben von Anfang an entschlossen gehandelt, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und kleine und mittlere Unternehmen, die Finanzierungsschwierigkeiten haben, zu unterstützen. Wir waren die treibende Kraft hinter dem EU-Wiederaufbaufonds und begrüßen den mit 25 Milliarden Euro ausgestatteten gesamteuropäischen Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank zur Unterstützung der KMU.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu bekämpfen, müssen wir Maßnahmen einführen, die den Zugang der Klein- und Mittelbetriebe zu Investitionen verbessern, die Anlager schützen und volle Preistransparenz garantieren. Dieser MiFID-Vorschlag versagt an allen drei Fronten. Die Sozialdemokratische Fraktion ist nicht bereit, eine Deregulierungsagenda zu unterstützen, die sich als Covid-19-Krisenmaßnahme ausgibt.“

Beteiligte Abgeordnete
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Schatzmeister
Finnland
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