In einer Reaktion auf die heutige Annahme einer aktualisierten schwarzen Liste der Steueroasen durch die EU-Außenminister verurteilte die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die Tatsache, dass reiche und mächtige Länder verschont werden, und bekräftigte zugleich ihre Forderung nach strengeren Kriterien für die Steueroasenliste der EU.

Aurore Lalucq, Sprecherin der S&D Fraktion für Steuerfragen, sagte dazu:

„Einmal mehr hat die EU-Liste der Steueroasen die schlimmsten Missetäter davonkommen lassen. Zwölf Länder sind auf der schwarzen Liste, alle winzig und darunter elf tropische Inseln. Kein großes Land, kein reiches Land, kein EU-Land wurde auf die schwarze Liste gesetzt. Australien, das seinen ohnehin eher undurchsichtigen Zusagen zur Abschaffung seines schädlichen Steuersystems nicht nachkam, kam mit einer Verlängerung davon. Kein Wunder, dass die schwarze Liste der EU nur 2% des in Steueroasen versteckten Geldes erfasst, was sie zu einer stumpfen Waffe im Kampf gegen Steuerstraftaten macht.

In diesem Jahr müssen die EU-Regierungen die Liste endlich zu einem robusten Instrument machen, indem sie sie mit strengeren Kriterien ausstatten, die wirklich funktionieren. Wie ist es möglich, dass nur zwei von 13 Ländern mit einem Nullsteuersatz auf die Liste gekommen sind? Was kann eine Steueroase deutlicher kennzeichnen als Unternehmen, die überhaupt keine Körperschaftssteuer zahlen? Wir fordern, dass ein Nullsteuersatz automatisch zur Aufnahme auf die schwarze Liste führen muss.

Ein internationaler und EU-weiter effektiver Mindeststeuersatz ist die einzige Möglichkeit, dem schädlichen Steuerwettbewerb eine Untergrenze zu setzen. Unser Wirtschaftsmodell kann sich nicht mehr auf einen Wettlauf um den niedrigsten Steuersatz zwischen EU-Ländern stützen. Wir müssen unser eigenes Haus in Ordnung bringen und alle Steueroasen auf diese Liste setzen, einschließlich europäischer Länder. Das wird ein erster Schritt in Richtung eines neuen Modells sein, das auf Transparenz und Zusammenarbeit beruht und die Steuerhinterziehung überall in Europa bekämpfen wird.“

Jonás Fernández, S&D-Fraktionssprecher für Wirtschafts- und Währungsfragen, sagte:

„Die OpenLux-Enthüllungen haben uns schmerzlich daran erinnert, dass selbst innerhalb der EU Steueroasen gedeihen. Das Prüfungsverfahren sollte auf alle EU-Länder ausgedehnt werden, die derzeit ausgenommen sind. Selbst mit den aktuellen schwachen Kriterien würden mehrere EU-Länder auf der schwarzen Liste landen. In unserer jüngsten Entschließung verpflichtet sich das Europäische Parlament, alle an Steuervermeidung beteiligten EU-Länder zu untersuchen und zu prüfen. Nur wenn wir unser eigenes Haus in Ordnung halten, wird die Europäische Union ein glaubwürdiger Vorreiter für Steuergerechtigkeit sein.

Die Gruppe Verhaltenskodex, das mit der Überprüfung von Steueroasen beauftragte Gremium, trifft sich hinter verschlossenen Türen und abseits der Öffentlichkeit. Um eine ordnungsgemäße Prüfung und mehr Transparenz zu gewährleisten, muss das Europäische Parlament in diesen Prozess einbezogen werden.

Nach jahrelanger Blockade werden die EU-Minister diese Woche über eine öffentliche länderspezifische Berichterstattung entscheiden, die transnationale Unternehmen zur Offenlegung von Steuerinformationen verpflichten und damit Steuerhinterziehung verhindern würde. Wir fordern die EU-Minister auf, mutig zu sein und diesen wichtigen Schritt für die Steuergerechtigkeit zu setzen.“

Hinweis für die Redaktion:

Die vom Plenum angenommene Entschließung des Europäischen Parlaments finden Sie hier.

2017 veröffentlichte die EU erstmals eine schwarze Liste und eine ‚graue Liste‘ von Steueroasen, offiziell bekannt als EU-Liste der nicht kooperativen Steuergebiete. Die Mitgliedsstaaten erstellen diese Listen in der Gruppe ‚Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)‘ – eine geheime Gruppe von Regierungsexperten. Dabei werden drei Kriterien berücksichtigt: Transparenz, gerechte Besteuerung und Verpflichtung zum Maßnahmenpaket der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Bekämpfung der Erosion der Steuerbasis und der Gewinnverschiebung (Anti-BEPS-Paket). Länder, die auch nur einem dieser drei Kriterien nicht entsprechen, werden auf die schwarze Liste (offizielle Bezeichnung: Annex I) gesetzt. Länder, die sich zur Durchführung von Reformen verpflichten, kommen auf die sogenannte graue Liste (offiziell Annex II).

Die Verpflichtungen einiger Länder, die derzeit in der grauen Liste aufgeführt sind, werden nicht bekanntgegeben. Dies ist derzeit für Australien der Fall, für das sowohl ST 5134 2020 INIT (2020) „Fortschrittsbericht – Australien“ als auch ST 5007 2019 INIT (2019) „Die EU-Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke – Verpflichtungsschreiben Australiens zu seiner neu identifizierten Regelung AU001“ nach wie vor unzugänglich sind. Die für Australien identifizierte schädliche Regelung „Offshore banking unit“ wurde nur in der Übersicht über die von der Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) geprüften Steuervergünstigungen und anderen Maßnahmen unter den EU-Kriterien 2.1 und 2.2 (ST 8603 2020 – Juni 2020) genannt.

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Spanien
Koordinatorin
Frankreich
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