Nach dem heutigen offiziellen Treffen mit dem Präsidenten der italienischen Abgeordnetenkammer, Roberto Fico, erklärte der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Udo Bullmann:

"Ich hatte einen offenen und freimütigen Meinungsaustausch mit dem Präsidenten des italienischen Unterhauses, Roberto Fico, bei dem ich unsere vordringlichen Anliegen in Bezug auf die politische und wirtschaftliche Tendenz der italienischen Regierung zum Ausdruck gebracht habe.

Ich habe klargemacht, dass die italienische Regierung eine hohe Verantwortung für die Zukunft der nächsten Generation trägt. Als EU-Gründungsmitglied hat Italien auch eine große Verantwortung für die Zukunft des europäischen Projekts.

Wir sehen, dass die italienische Regierung unter der unangefochtenen Führung des stellvertretenden Premierministers Salvini, der heute Marine Le Pen trifft und sich kürzlich mit Viktor Orbán getroffen hat, einen rechtsextremen Kurs einschlägt.

Wir sind mit Präsident Fico einer Meinung, dass Europas Wirtschaftsansatz einen radikalen Wandel benötigt, um den europäischen Traum wiederzubeleben. Bei der Beurteilung der derzeitigen Politik Italiens sind wir aber völlig gegensätzlicher Meinung.

Ich habe unsere große Sorge über den Wirtschaftskurs zum Ausdruck gebracht, den die italienische Regierung eingeschlagen hat; nicht nur, weil dieser Kurs das Staatsdefizit und die Solidität des italienischen Finanzsystems außer Acht lässt, sondern vor allem, weil er Armut und Ungleichheit ignoriert, Steuern für die Reichen senkt, die Schuldenlast den Familien aufbürdet und weder in Bildung und Arbeitsplätze noch in Infrastruktur investiert.

Wir sind der Ansicht, dass das europäische Modell zum Vortei der Ärmsten und der Mehrheit geändert werden muss. Deshalb haben wir stets gegen die blinde Austeritätspolitik angekämpft, die die Last der Modernisierung auf die falschen Schultern, nämlich die der ärmeren Bevölkerungsschichten, abgeladen hat.

Ich habe unsere große Sorge bezüglich der jüngsten Entscheidungen in der Migrations- und Asylpolitik geäußert, insbesondere in Bezug auf den gerade verabschiedeten Salvini-Erlass und dessen unmenschlichen und wirkungslosen Ansatz, der das Integrationssystem zerstören und die Gemeinden mit der Herausforderung der Integration und ihren sozialen Folgen alleine lassen soll.

Wir sind die ersten, die den Kampf für einen wirklich europäischen Migrations- und Asylansatz und für uneingeschränkte Solidarität mit Italien und allen EU-Grenzstaaten anführen. Wir werden jedoch nie eine Situation akzeptieren, in der das Recht auf Asyl durch einen Mitgliedsstaat behindert wird, Häfen geschlossen werden und jede Form der Suche und Rettung von Menschen in Not unmöglich gemacht wird, und wo weder EU-Missionen noch Nichtregierungsorganisationen noch die italienische Marine ihre humanitären Pflichten erfüllen können.

Zu guter Letzt habe ich meine Sorge über das extremistische Abdriften der italienischen Regierung nach rechts zum Ausdruck gebracht.

Europas Geschichte hat uns gelehrt, dass die Gemäßigten, wenn sie den Rechtsextremisten die Türen öffnen, schlussendlich immer isoliert und außen vor bleiben. Italien als wichtiges Gründungsmitglied muss sich uneingeschränkt zum europäischen Projekt bekennen und es radikal zum Besseren verändern, statt es zu zerbrechen."

 

Beteiligte Abgeordnete
Koordinator
Deutschland