Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament forderte heute im Plenum Soforthilfe für Tausende Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende in Bosnien-Herzegowina, die vor einer humanitären Katastrophe stehen. Die dramatische Situation zeigt einmal mehr, dass die EU eine dauerhafte und gerechte Lösung für die Migrationsprobleme braucht, die in jeder Phase auf Solidarität mit den Mitgliedsstaaten an den Außengrenzen und mit den schutzbedürftigen Menschen beruht.

Menschenrechtsorganisationen zufolge sind rund 2500 Menschen obdachlos und müssen kämpfen, um Hunger, Durst und den eisigen Balkan-Winter zu überleben. Dazu zählen auch 900 Bewohner des durch ein Feuer zerstörten und mittlerweile geschlossenen Lagers Lipa im Nordwesten Bosniens.

Die S&D Fraktion fordert nach wie vor den Rücktritt des Exekutivdirektors der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri. Der EU-Agentur werden Verletzungen der Grundrechte und Zurückweisungen (Pushbacks) an den EU-Außengrenzen vorgeworfen, die Asylsuchende an der Einreise in die EU hindern sollten.

Isabel Santos, Menschenrechtssprecherin der Sozialdemokratischen Fraktion, sagte dazu:

„Angegriffen, ohne Nahrung, Wasser und ohne Obdach oder Hygienebedingungen, inmitten einer Pandemie, zur Flucht gezwungen und oft in den Tod getrieben – das ist die dramatische Situation von Tausenden von Migrantinnen und Migranten und Flüchtlingen in Bosnien-Herzegowina, die aber keinesfalls ein Einzelfall ist. Das gleiche Märtyrertum wiederholt sich an anderen EU-Außengrenzen und in anderen Ländern wie in Libyen und in der Türkei.

Die örtlichen Behörden schaffen es nicht, für angemessene Unterkünfte zu sorgen. Die EU ist jedoch mitverantwortlich, wenn sie die Migrationssteuerung in Drittländer auslagert, ohne Mindestbedingungen zu garantieren, oder noch schlimmer, wenn sie mit Hilfe der libyschen und türkischen Küstenwache oder durch die beschämenden Handlungen von Grenzschutzbeamten der EU-Mitgliedsstaaten und möglicherweise von Frontex Migranten an ihren Grenzen zurückweist.

Die EU hat gerade weitere 3,5 Millionen Euro zusätzlich zu den 88 Millionen Euro angekündigt, die Bosnien-Herzegowina in den letzten drei Jahren bereits zur Verfügung gestellt wurden, um schutzbedürftigen Migranten und Flüchtlingen zu helfen. Das ist aber keine nachhaltige Lösung. Wir können auf die Tragödie im Lager Lipa nicht mehr wie gehabt reagieren, indem wir mehr Geld auf die Probleme schütten. Wir müssen nachhaltige Lösungen auf der Grundlage einer solidarischen Lastenteilung bei Asyl und Einwanderung umsetzen. Außerdem brauchen wir sichere Migrationswege und bessere Lebensbedingungen in den Herkunftsländern, die durch die Entwicklung von politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strategien erreicht werden können.“

Birgit Sippel, Sprecherin der S&D Fraktion für Asyl- und Migrationsfragen, sagte:

„Seit allzu vielen Jahren fordern wir die Mitgliedsstaaten auf, dauerhafte Lösungen für die Asyl- und Migrationspolitik zu finden, die auf Solidarität und einer gerechten Aufteilung der Verantwortung beruhen. Nach jahrelangem Stillstand im Rat arbeitet das Europäische Parlament, das während dieser ganzen Zeit verhandlungsbereit war, jetzt an Vorschlägen der EU-Kommission für einen neuen Migrations- und Asylpakt. Obwohl es den Vorschlägen klar an Solidarität mangelt, werden wir unser Bestes tun, um Solidarität zu einer umsetzbaren Wirklichkeit zu machen. Nur so können inakzeptable Szenen wie auf den griechischen Inseln oder in Bosnien-Herzegowina verhindert werden, wo schutzbedürftige Menschen unweit der EU-Außengrenzen unter untragbaren Bedingungen, ohne Unterkunft und ohne grundlegende humanitäre Schutzvorkehrungen leben müssen.

Die Lage der Flüchtlinge und Migranten wird noch verschlimmert durch die ständigen Verletzungen der Grundrechte sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU. Diesbezüglich müssen die beunruhigenden Vorwürfe gegen die EU-Grenzschutzagentur Frontex und ihre angebliche Rolle im Zusammenhang mit den Pushbacks dringend untersucht werden. Trotz wiederholter Forderungen nach Klarstellung und zahlreichen Gelegenheiten für die Agentur, das Parlament zu informieren, bleiben diese schwerwiegenden Anschuldigungen unbeantwortet. Die Sozialdemokratische Fraktion fordert nach wie vor, dass der Exekutivdirektor Leggeri die Verantwortung für die schlechte Handhabung der Situation übernimmt. Eine neue Führung kann nur der erste Schritt sein, um Frontex wieder auf den richtigen Weg zu bringen, aber ein Neubeginn in der größten EU-Agentur ist absolut unerlässlich.“

Beteiligte Abgeordnete
Koordinatorin
Deutschland
Mitglied
Portugal
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