Abgeordnete der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament äußerten ernsthafte Bedenken hinsichtlich der überarbeiteten Schengen-Regeln der EU-Kommission. Der Schengen-Raum, der für die Freizügigkeit und das Ende der Binnengrenzen in der EU steht, hat unter den reflexartigen Reaktionen der Mitgliedsstaaten auf die irreguläre Migration, auf die wahrgenommene terroristische Bedrohung und – in jüngerer Zeit – auf die Pandemie erheblich gelitten. Obwohl Vorschläge der Kommission zum Umgang mit künftigen Pandemien willkommen sind, gibt es unter den Mitgliedern der S&D Fraktion Bedenken, dass die jetzt auf den Tisch gelegten überarbeiteten Schengen-Regeln die Binnengrenzkontrollen als Migrationsinstrument weiter politisieren werden. Insgesamt scheint die Kommission mit diesen neuen Vorschlägen den nationalen Regierungen mehr Spielraum für die Einführung von Grenzkontrollen innerhalb der EU zu geben, statt die vollständige Wiederherstellung der Freizügigkeit anzustreben.

Birgit Sippel, innenpolitische Sprecherin der Sozialdemokratischen Fraktion, sagte dazu:

„Durch die Nutzung des Schengen-Regelwerks als Migrationsinstrument gefährden die Vorschläge der Kommission eine der größten Errungenschaften der EU und ermöglichen es den nationalen Regierungen, die Freizügigkeit zu kapern und Grenzkontrollen zu nutzen, um daraus innenpolitisches Kapital zu schlagen. Freizügigkeit ist kein politischer Fußball, und wir lehnen jede Politisierung des Schengen-Raums auf diese Weise entschieden ab. Als Hüterin der Verträge sollte die Kommission unser Recht auf Freizügigkeit verteidigen, aber diese Vorschläge sehen aus, als ob die Kommission den nationalen Regierungen jede Möglichkeit geben möchte, längerfristig Kontrollen an den Binnengrenzen einzuführen.

Was die Sekundärmigration von Asylsuchenden angeht, werden die Vorschläge der Kommission zu Einreise- und Rückführungsverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten nur unnötige interne Konflikte schüren. Dies zu einer Zeit, wenn wir Solidarität aufbauen müssen, was am besten in der Gesetzgebung erreicht wird, die derzeit von den Mitgesetzgebern im Migrationspakt behandelt wird.“

Juan Fernando López Aguilar, sozialdemokratischer Vorsitzender des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sagte:

„Die Vorschläge der Kommission werden Schengen nicht wiederherstellen, sondern geben vielmehr den Regierungen den Schlüssel, um Europa in eine Vor-Schengen-Ära zurückzuversetzen. Die Kommission reagiert wieder auf innenpolitische Anliegen einiger Mitgliedsstaaten, statt als Hüterin der Verträge zu agieren. Bestimmungen, die langfristige Kontrollen an den Binnengrenzen ermöglichen, wie beispielsweise die Verlängerung der möglichen Dauer von Grenzkontrollen auf zwei Jahre, werden die Wahrscheinlichkeit einer gänzlichen Schließung des Schengen-Raums nur erhöhen.

Die Covid-19-Krise hat die Gefahren einer mangelnden Koordinierung durch die EU-Regierungen deutlich gemacht, und klarere Regeln für die Freizügigkeit in Zeiten einer Pandemie sind begrüßenswert. Die Probleme von Schengen gehen aber viel tiefer als die Pandemie, also müssen wir die Schengen-Regeln verbessern. Doch wir befürchten, dass die Kommission in einigen Bereichen in die falsche Richtung geht.“

Beteiligte Abgeordnete
Koordinatorin
Deutschland