Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments stimmte heute für eine grundlegende Änderung der EU-Asylregeln. Nach dem derzeitigen System wäre in den meisten Fällen jenes Mitgliedsland für Asylwerber zuständig, wo diese zuerst ankommen. Das brachte eine große Belastung für die Länder an den Außengrenzen der EU. Die neuen Regeln ersetzen dieses Prinzip des Ersteinreiselands durch ein zentralisiertes Umsiedlungssystem, das die Verantwortung für Flüchtlinge auf gerechte und transparente Art und Weise auf alle Mitgliedsländer verteilt.

Die Sozialdemokratische Fraktion fordert diese Änderung schon seit langem und hat eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung des ursprünglichen Vorschlags der EU-Kommission gespielt. Jetzt fordern die Sozialdemokraten die nationalen Regierungen auf, die notwendigen Schritte zu setzen, um diese Gesetzgebung so bald wie möglich zum Abschluss zu bringen.

Nach der Abstimmung sagte der Vorsitzende der S&D Fraktion Gianni Pittella:

„Seit Jahren ist klar, dass unser Asylsystem unzureichend ist: Länder an den EU-Außengrenzen wie Italien oder Griechenland müssen die große Masse der Asylfälle alleine stemmen, während andere Länder sich aus ihrer humanitären Verantwortung stehlen können. Das ist auf Dauer nicht haltbar. Wir machen aus einer kontrollierbaren Situation eine Krise.

Die verstärkte Migration ist kein vorübergehendes Ereignis. Demografische Veränderungen, Armut, Klimawandel und Instabilität in Nordafrika und im Nahen Osten bedeuten, dass weiterhin eine große Zahl von Menschen ein besseres Leben in Europa suchen wird. Wir Sozialdemokraten wollen diese neue Einwanderungsrealität wirksam steuern und die Grundrechte sowohl der Flüchtlinge als auch der europäischen Bürgerinnen und Bürger schützen.

Der Ball liegt jetzt im Feld des EU-Ministerrats, und wir fordern ihn auf, zu handeln, damit wir diese Vorschläge endgültig abschließen können. Unsere Fraktion ist eindeutig: Nur ein wirklich europäisches Asylsystem ist akzeptabel. Wir werden keiner Vereinbarung zustimmen, die das Prinzip des Ersteinreiselands nicht ersetzt.“

Die Verhandlungsführerin der S&D Fraktion für den Bericht, Elly Schlein, fügte hinzu:

„Wir brauchen eine völlige Abkehr vom derzeitigen Dublin-System, um es durch ein wirklich europäisches System zu ersetzen. Unsere Fraktion hat stark darauf gedrängt, das Prinzip des Ersteinreiselands zu streichen und es durch einen permanenten und automatischen Umverteilungsmechanismus zu ersetzen, bei dem alle Mitgliedsstaaten mitmachen müssen.

Neben der Schaffung eines zentralisierten Verteilungssystems haben wir auch dafür gesorgt, dass wichtige Verbindungen – beispielsweise ein Familienmitglied, ein früherer Aufenthalt oder eine akademische Beziehung in einem bestimmten Land – bei der Zuständigkeit für Asylanträge berücksichtigt werden. Das kommt zusätzlich zu einem neuen Verfahren zur Festigung der Familienzusammenführung, wenn ein Asylwerber schon eine Familie in einem EU-Land hat. Zudem haben wir die Garantien und Schutzmaßnahmen für Antragsteller und insbesondere für Kinder erheblich verstärkt und sichergestellt, dass sie die notwendigen Informationen erhalten und dass ihnen in kürzester Zeit ein Vormund zugewiesen wird.

Wir ersetzen die von der Kommission vorgeschlagenen harten Sanktionen durch einen Mechanismus von Anreizen zur Einhaltung der Regeln und von negativen Anreizen für die sekundäre Migration. Außerdem haben wir den Kommissionsvorschlag für verpflichtende Unzulässigkeitstests durch das Ersteinreiseland gestrichen, weil das wieder eine ungerechte Belastung der Grenzländer wäre und das Recht auf Beantragung von Asyl unterhöhlen würde.

Wir werden uns jetzt in den Verhandlungen dafür stark machen, sicherzustellen, dass wir endlich ein Asylsystem haben, das den Prinzipien der Solidarität und der gleichmäßigen Verteilung der Verantwortlichkeiten entspricht, wie es in den EU-Verträgen verankert ist.“