Vor einer wichtigen Plenardebatte über Glyphosat – den am meisten verwendeten herbizidaktiven Wirkstoff der Welt – fordert die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die EU-Kommission auf, dringend alle notwendigen Schritte zu setzen, um den sofortigen Schutz der öffentlichen Gesundheit und Transparenz bei der Bewertung wissenschaftlicher Studien und Erkenntnisse zu garantieren.

 

Die Sozialdemokraten lehnen jede neue Zulassung des Wirkstoffs in der EU ab, bis alle wissenschaftlichen Ungewissheiten im Zusammenhang mit Hormonstörungen, Genotoxizität und Karzinogenität geklärt sind. Außerdem verlangt die S&D Fraktion die strikte Anwendung des Vorsorgeprinzips.

 

Vor einigen Monaten wurde in den Vereinigten Staaten aufgedeckt, dass die Einstufung für Glyphosat großteils auf unveröffentlichten wissenschaftlichen Beweisen der Industrie oder auf angeblich unabhängigen wissenschaftlichen Abhandlungen, die von der Industrie gesponsert wurden, basierte.

 

Die Umweltsprecherin der S&D Fraktion Miriam Dalli sagte dazu:

 

„Die krebserregenden und erbgutschädigenden Eigenschaften von Glyphosat werden von gewissen Studien bestätigt, von anderen aber geleugnet. Nicht zu leugnen ist jedoch, dass es ernste Zweifel an der Sicherheit dieses Wirkstoffs gibt. Bis wir die Gewissheit haben, dass Glyphosat für unsere Bürgerinnen und Bürger und für die Umwelt unbedenklich ist, können wir nicht zulassen, dass diese Substanz in der EU frei vermarktet wird. Das Recht der Menschen auf Gesundheit und auf eine gesunde Umwelt steht hier auf dem Spiel. Daher fordern wir die Kommission auf, dringend alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den sofortigen Schutz der öffentlichen Gesundheit zu garantieren.

Bei dem Thema, mit dem wir uns hier beschäftigen, geht es auch um mangelnde Transparenz, fragwürdige wissenschaftliche Zuverlässigkeit und die Unabhängigkeit der Wissenschaft. Es geht um den Verlust des öffentlichen Vertrauens und darum, dass Riesenkonzerne ihre Befugnisse überschreiten. Deshalb wollen wir, dass die Kommission der Europäischen Chemikalienagentur und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit empfiehlt, die Richtigkeit der aktuellen Studien einer kritischen Prüfung zu unterziehen, und dass sie keine Erneuerung der Zulassung für Glyphosat vorschlägt, bis die wissenschaftlichen Unsicherheiten geklärt sind.

Die Kommission muss außerdem sicherstellen, dass es eine unabhängige Überprüfung der Einstufung von Glyphosat in Bezug auf Hormonstörungen, Genotoxizität und Karzinogenität gibt. Das ist auch für unsere Landwirte und unseren Agrarsektor ein Problem. Deshalb wollen wir, dass die Kommission den Landwirtschaftssektor bei einem raschen Übergang zu einer glyphosatfreien Landwirtschaft und zu alternativen, nachhaltigen und kostengünstigen Lösungen für den Pflanzenschutz fördert und unterstützt.

Wir stellen der Kommission präzise Fragen, und wir erwarten präzise, detaillierte Antworten. Die Gesundheit der Menschen und eine sichere Umwelt sollten stets unsere Priorität sein.“



 

Der Agrarsprecher der Sozialdemokratischen Fraktion Eric Andrieu sagte:

 

„Die mündliche Anfrage bezweckt eine Klarstellung seitens der Kommission über die mögliche krebserregende Wirkung von Glyphosat, das Genehmigungsverfahren und die Transparenz. Angesichts der jüngsten Enthüllungen durch die Monsanto Papers, die Fragen über Betrug und Korruption aufgeworfen haben, erfordert das Thema noch größere Aufmerksamkeit.

Es wird Zeit, dass die Kommission sich nicht nur mit den Berichten, die von europäischen Behörden erstellt wurden, sondern mit wirtschaftlicher Expertise ernsthaft auseinandersetzt. Sie muss endlich ihre politische Verantwortung wahrnehmen, um den Schutz von 500 Millionen europäischen Verbrauchern zu garantieren, angefangen mit den Landwirten, die die ersten Opfer dieses Systems sind.“

Die heutige Debatte über Glyphosat ist nur ein erster Schritt. Die Kommission wird alle unsere Fragen beantworten und die Europaabgeordneten von ihrem Einsatz für den Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Transparenz überzeugen müssen. Sollten sich ihre Antworten nach dieser Debatte und einer noch eingehenderen parlamentarischen Anhörung im kommenden Herbst als unbefriedigend erweisen, werden die Sozialdemokraten die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses oder eines Sonderausschusses zur vollständigen Untersuchung dieses Falles ernsthaft in Erwägung ziehen. In der Zwischenzeit verlangen wir, dass das Vorsorgeprinzip streng angewandt wird, um besseren Schutz für die Sicherheit der Europäer zu gewährleisten und Transparenz und öffentlichen Zugang zu wissenschaftlichen Studien zu garantieren.“