Auf Initiative des sozialdemokratischen Europaabgeordneten Alex Agius Saliba fordert der Ausschuss für Beschäftigung und Soziales im Europäischen Parlament die EU-Kommission auf, das Recht auf Abschalten für alle Beschäftigten in der EU zu regeln. Sein Bericht wurde heute in einer Abstimmung angenommen.

Nach der erfolgreichen Abstimmung über seinen Bericht sagte der S&D Abgeordnete Alex Agius Saliba:

„Die Digitalisierung bringt zahlreiche Vorzüge und Vorteile für die Beschäftigten, beispielsweise größere Flexibilität oder weniger Pendeln. Es gibt aber auch Tücken. Der Druck, stets erreichbar und verfügbar zu sein, nimmt zu. Die Arbeitszeiten werden ausgedehnt, aber nicht unbedingt gerecht abgegolten. Die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmt zusehends. Die menschlichen Kosten sind hoch: unbezahlte Überstunden, Erschöpfung, Burnout.

Die Covid-19-Pandemie hat unsere Arbeitsweise grundlegend verändert, und wir müssen unsere Regeln aktualisieren, um mit der neuen Realität schrittzuhalten. Während des Lockdowns hat jeder dritte Beschäftigte begonnen, von zuhause aus zu arbeiten. Sicher, die Heimarbeit hat zahllose Leben gerettet, aber nach Monaten der Heimarbeit leiden zahlreiche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter den negativen Nebenwirkungen wie Isolation, Müdigkeit, Depression, Burnout und Muskel- oder Augenerkrankungen. Studien zeigen, dass Menschen, die regelmäßig von zuhause aus arbeiten, mit doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit mehr als die maximal 48 Wochenstunden arbeiten, die im EU-Recht festgelegt sind. Heimarbeit macht es besonders schwierig, abzuschalten.

Wir wollen dafür sorgen, dass digitale Instrumente als Bereicherung verwendet werden und Arbeitgebern wie Beschäftigten gleichermaßen zugutekommen, während ihre negativen Auswirkungen abgeschwächt werden. Nach Feierabend oder im Urlaub müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihr Handy oder ihr E-Mail abschalten können, ohne negative Folgen zu befürchten. Das Recht auf Abschalten ist sowohl für die geistige als auch für die körperliche Gesundheit unverzichtbar. Deshalb fordern wir die EU-Kommission auf, ein EU-Recht auf Abschalten für alle europäischen Arbeiterinnen und Arbeiter vorzuschlagen.“

Agnes Jongerius, beschäftigungs- und sozialpolitische Sprecherin der Sozialdemokratischen Fraktion, fügte hinzu:

„Man kennt das Gefühl, wenn man eine arbeitsbezogene Nachricht erhält, die Aufmerksamkeit verlangt, wenn man gerade angefangen hat, zu kochen. Oder wenn der Boss anruft, während man gerade mit einem Freund oder einer Freundin redet. Eine der größten Herausforderungen für die Arbeitnehmerrechte ist heutzutage die Digitalisierung, die unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft auf den Kopf stellt. Wie wir die Digitalisierung regulieren, wird darüber entscheiden, ob neue Arbeitsplätze gute Arbeitsplätze mit gerechter Entlohnung und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen sein werden. Wir müssen unsere Regeln an die neuen Gegebenheiten des digitalen Zeitalters anpassen.

Die Aufgabe der Arbeiterparteien und der Gewerkschaften ist es, sicherzustellen, dass der technologische Fortschritt, den die Digitalisierung bringt, auch gesellschaftlichen Fortschritt für die Vielen bringt. Wir können nicht zulassen, dass digitale Werkzeuge missbraucht werden oder mühsam erkämpfte Arbeiterrechte aushöhlen. Online-Arbeiter müssen Anspruch auf die gleichen Rechte haben wie Offline-Arbeiter: menschenwürdige Arbeitsbedingungen, klar festgelegte Arbeits- und Ruhezeiten, angemessene Entlohnung und auf jeden Fall das Recht auf Abschalten.“

Hinweis für die Redaktion:

Das Recht auf Abschalten erlaubt es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, nicht an arbeitsbezogenen Aufgaben, Tätigkeiten oder elektronischer Kommunikation – wie zum Beispiel Anrufe, E-Mails und andere Botschaften – außerhalb ihrer Arbeitszeiten teilzunehmen. Dazu zählen beispielsweise Ruhezeiten, gesetzliche Feiertage und Jahresurlaub, Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternurlaub und andere Arten von Urlaub. Ihnen dürfen deswegen keine nachteiligen Auswirkungen erwachsen.

Der Bericht muss noch vom Plenum des Europäischen Parlaments angenommen werden. Die Abstimmung ist für Januar 2021 vorgesehen.

Beteiligte Abgeordnete
Vizevorsitzender
Malta
Delegationsleiterin
Koordinatorin
Niederlande
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