Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament schlug heute ein Paket von neuen Mitteln für den EU-Haushalt vor, um die Behebung der wirtschaftlichen und sozialen Schäden der COVID-19-Krise zu finanzieren. Zu den Vorschlägen zählen unter anderem fortschrittliche Einnahmen im Zusammenhang mit Umweltschutz und die Förderung eines faireren Binnenmarktes sowie eine Steuer für die Reichsten.

Eric Andrieu, für den Haushalt zuständiger Vizevorsitzender der S&D Fraktion, sagte dazu:

„Dies ist ein entscheidender Zeitpunkt für Europa. Mit diesem Dossier entscheidet sich Europas Schicksal. Wollen wir auf der internationalen Bühne weiterhin Einfluss haben? Wenn ja, dann muss die EU sich die entsprechenden Mittel geben.

Der Vorschlag der Sozialdemokratischen Fraktion für die Reform des Eigenmittelsystems ist ausgewogen, fortschrittlich und in der Lage, die Finanzierung für die Prioritäten der europäischen Bürgerinnen und Bürger, die Regionen und die Länder zu gewährleisten. Wir haben dafür gesorgt, dass in diesem Paket von Eigenmitteln die Bürger und die Mitgliedsstaaten nicht diejenigen sind, die für den Wiederaufbau Europas zahlen, sondern dass sie diejenigen sind, die davon profitieren. Und unsere Vorschläge stützen sich auf die Tatsache, dass Ungleichheit das Resultat von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung durch die Reichsten ist. Sie haben sich auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger bereichert, und jetzt ist es Zeit, zurückzugeben. Wir wollen, dass große Unternehmen und Akteure der Finanzmärkte ihren gerechten Anteil zahlen – durch eine Finanztransaktionssteuer, eine Digitalsteuer und eine Steuer für Großunternehmen.

Wir unterstützen die Schaffung eines speziellen Wiederaufbaufonds, den die Kommission vorgeschlagen hat, und die Idee einer Mutualisierung der Schulden zwischen den Mitgliedsstaaten. Alle Staaten sind von der Krise getroffen worden. Deshalb wollen wir neue Eigenmittel einführen, um einen Anstieg der Nettobeiträge der Mitgliedsstaaten zu vermeiden und zu verhindern, dass sie darüber streiten, wer wie viel zahlen muss und wer wie viel erhält.

Wenn diese Vorschläge durchgehen sollen, brauchen wir den politischen Willen aller Mitgliedsstaaten. Dies ist absolut nicht die Zeit, um dem Wiederaufbau Europas im Wege zu stehen, indem man Initiativen blockiert, die unsere Union retten könnten.“

Eider Gardiazabal, Koordinatorin der S&D Fraktion für Budgetfragen, sagte:

„Die Sozialdemokratische Fraktion hat heute einen wichtigen und lang erwarteten Prozess gestartet. Von der Annahme dieser Eigenmittel auf einer europäischen Ebene hängen das Wohlbefinden, die Entwicklung und die Sicherheit aller EU-Bürger ebenso ab wie die Fortsetzung des europäischen Projekts selbst.

Die Zeit des ‚Business as usual‘ ist vorbei. Die Solidarität der EU ist durch COVID-19 auf den Prüfstand gestellt worden. Für den Wiederaufbau nach der Pandemie brauchen wir einen starken europäischen Haushalt. Um dieses starke Budget zu haben, brauchen wir die angemessenen Mittel für dessen Finanzierung. Wir müssen gegen den Strich denken; wir müssen Neuerungen einführen; wir müssen die Antworten finden, die die Menschen erwarten. Und das haben wir getan. Es ist Zeit, dass die anderen EU-Institutionen es uns gleichtun! Es ist Zeit für eine gerechte Besteuerung!“

Elisabetta Gualmini, S&D Fraktionssprecherin für das Thema Eigenmittel, sagte:

„Die derzeitige Kombination der Einnahmen zur Finanzierung des EU-Haushalts, der zu rund 70% aus Beiträgen der Bruttonationaleinkommen besteht, hat dazu geführt, dass das europäische Projekt selbst keine eigene operative Legitimität hat und größtenteils von Haushaltsbeschlüssen der Mitgliedsstaaten abhängig ist.

Neue Eigenmittel für die Finanzierung des Wiederaufbauplans für Europa sollen durch Politiken und Maßnahmen geschaffen werden, die nur auf einer europäischen Ebene durchgeführt werden können und die kein Mitgliedsstaat allein umsetzen kann. Dadurch gäbe es keine zusätzliche finanzielle Belastung für die Staatshaushalte.

Die Sozialdemokratische Fraktion hat die Einführung eines Pakets von neuen Eigenmitteln auf den Tisch gelegt. Deren Steuerbemessungsgrundlagen sollen an die Umsetzung von EU-Politiken geknüpft sein, die auf ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum abzielen. Kurzum, neues Geld wird aus Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und zur Förderung eines faireren Binnenmarktes kommen. Wir wollen außerdem, dass die EU ihre Haushaltspolitiken weiter integriert, indem sie ihre eigene Haushaltskapazität entwickelt und aufbaut.“

Hinweis für die Redaktion:

Die S&D Fraktion schlägt vor, dass neue Eigenmittel, die aus Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und zur Förderung eines faireren und sozialeren Binnenmarktes stammen, auf folgenden Elementen beruhen sollen:

* die Erlöse aus der Versteigerung des EU-Emissionshandelssystems (EHS)

* eine Abgabe auf nicht wiederverwertete Kunststoffverpackungen

* ein Kohlenstoff-Grenzausgleichsmechanismus

* eine Körperschaftssteuer auf der Grundlage einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)

* eine Steuer auf digitale Dienstleistungen

* eine Finanztransaktionssteuer

* eine europäische Nettovermögenssteuer für die reichste Bevölkerungsschicht

* eine Binnenmarktabgabe

* Einnahmen von der Europäischen Zentralbank (EZB)

Zusätzlich dazu sollten die Eigenmittelobergrenzen für Verpflichtungen und Zahlungen, die derzeit bei 1,26% bzw. 1,20% des EU-Bruttonationaleinkommens liegen, auf Werte bis zu 2% oder sogar 3% erhöht werden, damit die EU sich auf ein größeres Budget für die Erfüllung ihrer politischen Ambitionen stützen kann. Solch eine dauerhafte Erhöhung soll ausreichenden Spielraum zwischen den Obergrenzen des Mehrjährigen Finanzrahmens und den Eigenmittelobergrenzen schaffen, deren Kapazität technisch genutzt werden kann, um Geld auf den Finanzmärkten zu leihen und gemeinsame europäische Schuldtitel zu begeben, die durch das EU-Budget garantiert sind.

Zu guter Letzt eröffnet der Brexit mit der sich daraus ergebenden Beendigung des Britenrabatts die Möglichkeit, die damit zusammenhängenden Korrekturmechanismen, die Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden und den Niederlanden gewährt wurden, aus Gründen der Gerechtigkeit und der Transparenz zu beseitigen. Die in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats von Fontainebleau im Jahr 1984 festgelegten Bedingungen, die für das Vereinigte Königreich für die Unterstützung der Einführung von Rabatten galten, existieren nicht mehr. Eine derartige Änderung würde auch zusätzliche Mittel für die Finanzierung des Wiederaufbauplans für Europa bringen.

 

 

Hier können Sie das vollständige Positionspapier zur Reform des Systems der Eigenmittel der EU für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 lesen

Beteiligte Abgeordnete
Vizevorsitzende
Italien
Koordinatorin
Spanien
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