Europa hat heute mit der vorläufigen Einigung auf eine wegweisende neue EU-Richtlinie zur Plattformarbeit Geschichte geschrieben. Während des Verhandlungsmarathons in Straßburg verständigten sich das Europäische Parlament unter der Führung der Sozialdemokratischen Fraktion und die EU-Mitgliedstaaten unter der Führung des spanischen Ratsvorsitzes auf einen revolutionären Kompromiss, der einen neuen globalen Standard im Sozialbereich setzt. Die S&D-Fraktion ruft die EU-Mitgliedstaaten dazu auf, den Kompromiss zu unterstützen, da es wichtig ist, das Gesetz noch vor Ablauf dieser Legislaturperiode fertigzustellen.

Elisabetta Gualmini, S&D-Vizevorsitzende und Berichterstatterin des Europäischen Parlaments für die neue EU-Richtlinie zur Plattformarbeit, sagte:

„Wir blicken stolz und glücklich auf diese historische, ausgewogene und weitreichende Vereinbarung zur Plattformarbeit, die heute vom spanischen Ratsvorsitz ausgehandelt wurde. Es gibt nun trotz des enormen Drucks aufgrund der aggressiven Lobbyarbeit großer digitaler Unternehmen weltweit erstmals ein Gesetz, das den am stärksten gefährdeten Arbeitskräften Schutz gewährt. Unser ultimatives Ziel war, das europäische Sozialmodell zu stärken und einen globalen Sozialstandard einzuführen.

Die neue Richtlinie wird die Sozial- und Arbeitsrechte von Plattformbeschäftigten, die für Uber, Deliveroo, Helpling und dergleichen arbeiten, spürbar verbessern. Gleichzeitig schützt sie echte Selbstständige, indem sie deren Autonomie, Freiheit und Flexibilität wahrt. Zudem werden gute Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vor unlauterem Wettbewerb geschützt.

Das neue Gesetz bietet den EU-Mitgliedstaaten die Grundlage für die korrekte Bestimmung des Vertragsstatus von Personen, die über Plattformen Arbeit finden. Unsere Vereinbarung enthält einen Mechanismus, der die tatsächlichen Arbeitsbedingungen berücksichtigt und auf transparenten Algorithmen beruht, um eine falsche Selbstständigkeit zu korrigieren. Sie garantiert, dass Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter die Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten in Tarifgesprächen aushandeln können. Zudem verlagert sie die Beweislast für die Art des Vertragsverhältnisses von den Beschäftigten auf die Plattformbetreiber.

Wir wollen keinen unmenschlichen Arbeitsmarkt. Deshalb sind wir besonders stolz darauf, dass die heutige Einigung die Entmenschlichung des Arbeitsmarktes abwendet, indem sie menschliche Kontrolle und Interaktionen sicherstellt. Mit dieser Richtlinie wird nie wieder eine Maschine Menschen entlassen oder ausspionieren können.“

Agnes Jongerius, Sprecherin der S&D-Fraktion für Beschäftigung und soziale Rechte, fügte hinzu:

„Die heutige historische Einigung macht uns zu echten Pionieren im globalen Arbeitsrecht. Es ist höchste Zeit, die Spielregeln der Gig Economy zu ändern und dafür zu sorgen, dass dieses oftmals ausbeuterische Arbeitsmarktmodell nicht auf andere Wirtschaftszweige übergreift. Wenn wir es heute versäumen, die schwächsten Glieder in unserer Wirtschaft zu beschützen, riskieren wir, dass sich die prekäre Beschäftigung morgen überall ausbreitet.

Wir waren die treibende Kraft hinter der Verabschiedung von EU-Vorschriften zum angemessenen Schutz aller Erwerbstätigen, also auch derjenigen, die über Apps arbeiten. Wir müssen sie vor dem Missbrauch durch Internetgiganten schützen. Dies ist eine der größten Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Derzeit arbeiten mehr als 28 Millionen Menschen in der EU über digitale Plattformen. Im Jahr 2025 werden es voraussichtlich 43 Millionen sein.

Angesichts all dessen fordern wir die EU-Mitgliedsstaaten nunmehr auf, dieses revolutionäre Abkommen zu billigen. Die Zeit drängt, da wir sicherstellen müssen, dass das Gesetz noch vor dem Ende der laufenden Legislaturperiode fertiggestellt wird.“

Hinweis für die Redaktion:

Plattformbeschäftigte bieten ihre Dienste über eine App oder eine Website gegen Entgelt an. Viele Plattformbetreiber sehen diesen Arbeitstyp zurzeit als Form atypischer Beschäftigung. Da die Sozial- und Arbeitnehmerrechte von Personen, die über Apps und Websites arbeiten, nicht im normalen Arbeitsrecht verankert sind, genießen viele Plattformbeschäftigte weniger Schutz als ihre Gegenüber im Offline-Bereich. Außerdem entsteht so ein unlauterer Wettbewerb zwischen der Gig Economy und herkömmlichen Unternehmen.

Die neue Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit zielt vornehmlich darauf ab, für die Beschäftigungsverhältnisse den Grundsatz der widerlegbaren Vermutung im EU-Recht zu verankern. Dies bedeutet, dass Plattformbeschäftigte grundsätzlich als Arbeitnehmer mit allen geltenden Rechten anzusehen sind. Sollte ein Plattformbetreiber anderer Meinung sein, muss er das Gegenteil beweisen.

Beteiligte Abgeordnete
Vizevorsitzende
Italien
Delegationsleiterin
Koordinatorin
Niederlande
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