Das Europäische Parlament ist für die Verhandlungen über das Thema asbestfreies Arbeiten gerüstet. Der Beschäftigungsausschuss des Parlaments hat sich heute auf ein starkes Mandat für die Gespräche mit den EU-Mitgliedstaaten über die Neufassung der EU-Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest geeinigt. Es wird erwartet, dass das Mandat im Mai vom Plenum bestätigt wird. Die Sozialdemokratische Fraktion ist der festen Meinung, dass keine Zeit verschwendet werden und nichts unversucht bleiben darf, um die Exposition von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber diesem hochgefährlichen Stoff zu begrenzen, der die Hauptursache für berufsbedingte Krebserkrankungen in Europa ist.* Es ist Zeit, unsere Vision, alle berufsbedingten Todesfälle zu verhindern, wahrzumachen.

Die Europäische Kommission schlug im September 2022 eine Überarbeitung der Richtlinie von 2009 vor, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor asbestbedingten Risiken schützen soll. Leider konnte der Kommissionsvorschlag unsere Erwartungen nicht erfüllen. Wir fordern eine rigorose Änderung der Asbestvorschriften, um Beschäftigte angemessen gegen berufsbedingte Krebserkrankungen zu schützen. Dafür sind weit strengere Expositionsgrenzwerte nötig, ausgedrückt in 1000 Fasern pro Kubikmenter, wie von uns in der Entschließung des Parlaments vom Oktober 2021 dargelegt. Der von der Kommission vorgeschlagene – und bisher von den EU-Mitgliedstaaten akzeptierte – Grenzwert ist zehnmal höher. Mit anderen Worten: Ihre Ambition ist zehnmal niedriger.

Marianne Vind, sozialdemokratische Verhandlungsführerin für die EU-Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest, sagte:

„Es gibt keine sicheren Expositionswerte für Asbest. Wir haben heute im Parlament eine sehr gute Einigung erzielt, die künftig Tausende von Leben retten kann. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu unserem Ziel, Asbest aus der Arbeitswelt zu verbannen, allerdings werden die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten schwierig sein. Dennoch werden wir auch weiterhin unser Bestes tun, um das Problem zu beseitigen.

Als Erstes brauchen wir einen strengeren Grenzwert für die Exposition am Arbeitsplatz. Dies ist deshalb wichtig, weil die Exposition gegenüber Asbest – neben den offenkundigen Gefahren – bei der anstehenden Renovierungswelle von Gebäuden zur Umsetzung der klimaneutralen Zukunft bis 2050 zu erheblichen Gesundheitsgefährdungen führen wird. In der EU werden in den nächsten 30 Jahren voraussichtlich 220 Millionen Gebäude saniert.

Darüber hinaus müssen die EU-Mitgliedstaaten eine geeignete Methodik – die Elektronenmikroskopie – einführen, damit die strengeren Expositionsgrenzwerte gemessen werden können. Dies sollte obligatorisch sein, wobei eine Übergangsfrist von vier Jahren vorgesehen werden könnte.

Daneben wollen wir noch zahlreiche weitere Verbesserungen sehen, etwa frühzeitige Diagnosen, Therapien und Reha-Maßnahmen sowie Schadenersatz für alle, die bereits an asbestbedingten Krankheiten leiden, die verbindliche Durchleuchtung von Gebäuden vor ihrem Verkauf, ihrer Vermietung oder vor Durchführung irgendwelcher Arbeiten, die Einbeziehung der Sekundärexposition in das Gesetz sowie öffentliche Asbestregister.“

Agnes Jongerius, beschäftigungspolitische Sprecherin der S&D-Fraktion, sagte:

„Auch wenn der Vorschlag der Kommission vom letzten September hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben ist, gibt es einen Silberstreif am Horizont: das Versprechen einer umfassenden europäischen Strategie zum Schutz vor Asbest über die Arbeitswelt hinaus. Wir haben mehrfach eine ganzheitliche europäische Strategie zu Asbest gefordert und wir erwarten, dass die Versprechen unverzüglich in konkrete, verbindliche Maßnahmen umgesetzt werden.

Der Arbeitsschutz hat für uns seit jeher höchste Priorität. Strenge europäische Asbestvorschriften sind ein wichtiger Teil davon, allerdings brauchen wir auch weltweit strengere Maßnahmen zu Asbest. Jedes Jahr sterben rund 250.000 Menschen in der Welt aufgrund einer Asbestexposition. Unser oberstes Ziel ist daher ein weltweites Verbot. Nur ein asbestfreies Arbeiten ist sicheres Arbeiten, und nur eine asbestfreie Welt ist eine sichere Welt.“

Hinweis für die Redaktion:

Obwohl Asbest in der Europäischen Union seit 2005 verboten ist und in vielen Mitgliedstaaten schon davor verboten war, ist Asbest weiterhin in zahlreichen zuvor errichteten Gebäuden vorhanden. In der EU gehen 80 % aller berufsbedingten Krebserkrankungen erwiesenermaßen auf Asbest zurück.

Es wird geschätzt, dass 4,1 bis 7,3 Millionen Menschen bei der Arbeit mit Asbest in Berührung kommen. 97 % davon sind im Baugewerbe und in angeschlossenen Berufen tätig, etwa als Dachdecker, Installateur, Zimmerer oder Bodenleger, und 2 % in der Abfallwirtschaft.

Daten von 2019 zufolge führt die berufsbedingte Exposition gegenüber Asbest zu rund 88.000 Todesfällen jährlich, eine Zahl, die gegen Ende der 2020er Jahre und in den 2030er Jahren vermutlich steigen wird.

Selbst Menschen, die mit nur geringen Mengen von Asbest in Kontakt kommen oder einer passiven oder sekundären Exposition unterliegen, haben ein erhöhtes Krebsrisiko.

Die jährlichen Kosten berufsbedingter Krebserkrankungen in der EU werden auf zwischen 270 und 610 Milliarden Euro geschätzt, das sind zwischen 1,8 % und 4,1 % des BIP.

Beteiligte Abgeordnete
Delegationsleiterin
Koordinatorin
Niederlande
Mitglied
Dänemark
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