Erneut erschüttern Skandale im Zusammenhang mit unsicheren Medizinprodukten die Europäsche Union, wie die Internationale Vereinigung von investigativen Journalisten enthüllt. Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament hat im Jahr 2012 im Anschluss an die ersten Skandale rund um gefährliche Brustimplantate und Hüftprothesen eine Führungsrolle übernommen, um die Sicherheit von Medizinprodukten und -implantaten zu gewährleisten.

Doch sechs Jahre danach haben einige Mitgliedsstaaten bereits angekündigt, dass sie möglicherweise nicht bereit sein werden, die vom Parlament beschlossenen neuen Rechtsvorschriften umzusetzen, die 2020 in Kraft treten sollen.

 

Die gesundheitspolitische S&D Fraktionssprecherin Miriam Dalli sagte dazu:

„Das Europäische Parlament hat große Anstrengungen unternommen, um die Erfordernisse für Medizinprodukte zu verschärfen, und wir wollen, dass die Vorschriften so rasch wie möglich umgesetzt werden. Wir sollten die Umsetzung sogar noch beschleunigen. Wir fordern die EU-Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Mitgliedsstaaten alle Ressourcen und Kapazitäten besitzen, damit das neue System rechtzeitig beginnt.

Das neue Gesetz legt Regeln für Medizinprodukte fest, von der Gestaltung und Herstellung über die Genehmigung bis zur marktbegleitenden Beobachtung. Es umfasst alle Medizinprodukte, von Pflastern und Krankenhausbetten über Brustimplantate und Hüftprothesen bis hin zu Herzschrittmachern.

Mit der Einführung einer UDI-Nummer, einer einheitlichen Produktkennzeichnung für Medizinprodukte, werden die Geräte vollständig rückverfolgbar. Damit werden wir in Zukunft wissen, welchem Patienten welches Produkt eingesetzt worden ist. Zudem ist ein Warnsystem zwischen den EU-Ländern eingeführt worden, um zu gewährleisten, dass wenn in einem Land ein unsicheres Produkt entdeckt wird, die anderen Mitgliedsstaaten sofort informiert werden und möglicherweise betroffene Patienten warnen.“

 

Biljana Borzan, sozialdemokratische Fraktionssprecherin für In-vitro-Diagnostika, fügte hinzu:

„Wir haben die Mängel und Lücken der geltenden Gesetzgebung bereits identifiziert. Wenn eine Krankheit nicht erkannt oder die falsche Therapie verschrieben wird, kann das fatale Folgen für Patienten haben. Unsere Fraktion hat eine bessere Regulierung von Diagnostika durchgesetzt. Jetzt müssen wir dieses System, um innovative Arten besonders riskanter Medizinprodukte vor der Markteinführung durch Medizinspezialisten prüfen zu lassen, rasch einrichten.

Das Parlament hat außerdem auf strengere Vorschriften für Notifizierungsstellen gedrängt – also jene Gremien, die Medizinprodukte genehmigen. Dadurch soll das sogenannte ‚Certificate Shopping‘ beendet werden: Derzeit gehen Hersteller von einer Notifizierungsstelle zur anderen, wenn ihr Produkt von einer der privaten Konformitätsbewertungsstellen kein Zertifikat erhält. Es ist wichtig, dass alle der mehr als 50 bestehenden Bewertungsstellen in der Lage sind, jedes Produkt eingehend zu prüfen. Dafür müssen möglicherweise mehr Fachleute angestellt werden.“

 

Redaktionshinweis:

Derzeit werden Medizinprodukte in der EU durch drei Richtlinien aus den 1990-er Jahren geregelt: die Richtlinie über aktive implantierbare medizinische Geräte; die Richtlinie über Medizinprodukte; und die Richtlinie über In-vitro-Diagnostika. Nachdem das Parlament im Oktober 2012 seinen Standpunkt in erster Lesung beschloss, brauchte der Rat Jahre, um einen Standpunkt zu erreichen. Die Trilog-Verhandlungen begannen erst 2015, eine endgültige Vereinbarung wurde im Juni 2016 erreicht.

 

Beteiligte Abgeordnete
Delegationsleiterin
Vizevorsitzende
Kroatien