Soziale Rechte sind das Fundament einer gerechten und integrativen Gesellschaft. Sie gewährleisten, dass jedes Individuum gleich behandelt wird, gleiche Chancen hat und vor Diskriminierung geschützt ist. Die sozialen Rechte betreffen wesentliche Bereiche wie Bildung, Gesundheitsfürsorge, Wohnen, Arbeit, soziale Sicherheit und Kultur und ermöglichen den Menschen ein sinnvolles Leben. Sie garantieren den Zugang zu hochwertiger Bildung, Gesundheitsleistungen, sicherem Wohnraum, fairen Beschäftigungsmöglichkeiten, sozialer Unterstützung und reichhaltigen kulturellen Angeboten. Durch die Förderung des sozialen Zusammenhalts und den Abbau von Ungleichheiten tragen die sozialen Rechte zu einer harmonischen und florierenden Gemeinschaft bei, an der alle teilhaben.

minimum wages for all
Angemessenes Einkommen und fairer Mindestlohn für alle in Europa

Arbeit muss sich lohnen. Jede sechste Person in Europa verdient nicht genug, um über die Runden zu kommen. Viele Menschen in der EU erreichen angesichts der explodierenden Preise keinen angemessenen Lebensstandard, selbst wenn sie 40 Stunden in der Woche oder sogar noch länger arbeiten. Und wir reden hier von Menschen, die unsere Gesellschaft am Laufen halten: Kassenpersonal und Regalauffüller im Supermarkt, Köche und Kellnerinnen, Lkw-Fahrer und Pflegekräfte, Landarbeiterinnen und Kitapersonal. Diese Menschen sind unterbewertet und unterbezahlt.

Mit der Richtlinie über angemessene Mindestlöhne wird der Skandal, dass es Beschäftigte in Armut gibt, endlich aus der Welt geschafft. Gleichzeitig fördern wir Tarifverhandlungen als bestes Mittel zur Gewährleistung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen überall in der EU. Das alte irrige europäische Rezept von Lohnsenkungen und der Aufhebung von Branchentarifverträgen schadet den Menschen nur. Es ist Zeit für einen Wandel. Deshalb kämpfen wir an vorderster Front für Lohnsteigerungen und eine Ausweitung der Verhandlungsmacht auf Arbeitnehmerseite. Mindestlöhne sind ein Zeichen des Anstands. Ihre Festlegung auf ein angemessenes Niveau funktioniert nur, wenn die Lebenshaltungskosten mit einbezogen werden. Unzählige Menschen in Europa werden einen gerechten Mindestlohn erhalten, wenn das geschlechtsspezifische Lohngefälle abgebaut und die Ungleichheit bekämpft wird.

unequal man and woman
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, unabhängig vom Geschlecht

Frauen verdienen im Schnitt noch immer 14,1 % weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. Ein echter Skandal im 21. Jahrhundert.

Wir begrüßen die Bemühungen von Kommissarin Helena Dalli zur Einführung einer Lohntransparenzrichtlinie – ein erster wichtiger Schritt zur Beseitigung der noch immer viel zu großen Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern. Die Richtlinie wird für alle privaten und öffentlichen Arbeitgebenden und auch für alle Beschäftigten gelten. In den meisten EU-Mitgliedstaaten fehlt ein Rechtsrahmen für Lohntransparenz. Durch die vorgeschlagenen neuen Maßnahmen zur Schaffung transparenter Gehälter werden geschlechtsspezifische Verzerrungen in den Lohnstrukturen sowie unangemessene Löhne sichtbar werden. Die neuen Maßnahmen geben den Beschäftigten die Möglichkeit, Lohndiskriminierung zu erkennen und ihre Rechte einzufordern. Dies wird der gesamten Arbeitnehmerschaft zugutekommen, nicht nur weiblichen Beschäftigten.

Die Pandemie hat überproportional Frauen betroffen, insbesondere solche in schlecht bezahlten und unsicheren Arbeitsplätzen. Deshalb müssen wir unsere Anstrengungen verdoppeln, um das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu beseitigen und die wirtschaftliche Sicherheit von Frauen zu fördern. Dies ist jedoch nur ein Teil des Problems. Die nächsten Schritte müssen sein, EU-weit faire Mindestlöhne einzuführen, die Richtlinie zur Verwirklichung der Chancengleichheit zu überarbeiten, die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz zu fördern und die Richtlinie über Frauen in Aufsichtsräten zu verabschieden.

Schutz der Rechte von Plattformbeschäftigten

Uber und Konsorten wollen uns die Idee eines dritten Wegs zwischen klassischer Anstellung und Selbständigkeit verkaufen. Und in der Tat: Wen würde ein Job, der schnelles Geld, flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit verspricht, sein eigener Chef zu sein, nicht reizen? Die Risiken dürfen aber nicht einfach auf die Schultern der Beschäftigten und der Gesellschaft abgewälzt werden, während sich die Plattformunternehmen bereichern und jede Verantwortung zurückweisen.

Wenn Uber-Fahrerinnen und -Fahrer keine Kundschaft haben, bleiben sie derzeit auf den Kosten für ihren Kraftstoff oder ihren Leasingvertrag sitzen. Wenn Deliveroo-Radler während der Arbeit einen Unfall haben, gibt es für sie keine Lohnfortzahlung. An wen wenden sich die Reinigungskräfte von Helpling, wenn sie belästigt werden? Und wer zahlt ihre Rente, wenn es so weit ist? Traditionelle Unternehmen, die ihren Beschäftigten vollen sozialen Schutz und angemessene Löhne bieten, sehen sich einem unlauteren Wettbewerb durch Plattformunternehmen ausgesetzt, die die sozialen Rechte untergraben.

Damit sich technologischer Fortschritt in sozialen Fortschritt für alle überträgt, müssen wir Gesetze erlassen, die garantieren, dass Plattformbeschäftigte dieselben Rechte haben wie alle anderen Beschäftigten und dass für Plattformunternehmen dieselben Regeln gelten wie für alle anderen Unternehmen. Der Schlüssel dazu ist die Umkehr der Beweislast. Die Unternehmen sollten den Nachweis führen müssen, dass die für sie Arbeitenden tatsächlich unabhängige, selbständige Unternehmer sind. Können sie dies nicht, sollten wir davon ausgehen, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt, mit allen zugehörigen Arbeitgeberpflichten und Arbeitnehmerrechten. Es ist höchste Zeit, dass wir allen Beschäftigten im digitalen Zeitalter ihre Rechte garantieren.

Es ist natürlich sehr bequem: Mit einem Fingertipp auf unserem Handy können wir uns Essen nach Hause liefern lassen oder eine Taxifahrt bestellen. Die Apps verbergen jedoch die Realität der Plattformbeschäftigten, denen allzu oft faire Löhne vorenthalten werden und die Sozialversicherung verweigert wird und die weder bezahlten Urlaub erhalten noch angemessene Arbeitsbedingungen vorfinden. Während die Digitalisierung die Welt auf den Kopf stellt und die Art und Weise verändert, wie wir arbeiten, Dinge produzieren und konsumieren und wie wir lieben und leben, gilt es sicherzustellen, dass die Beschäftigten nicht den Preis dafür bezahlen. Deswegen kämpfen wir dafür, dass Plattformbeschäftigten alle Arbeitnehmerrechte zugebilligt werden, es sei denn, die Plattformunternehmen können nachweisen, dass sie echte Selbständige beschäftigen. Durch die sogenannte widerlegbare Vermutung, dass ein Arbeitsverhältnis besteht, können wir sicherstellen, dass Plattformbeschäftigte die Rechte erhalten, auf die sie Anspruch haben sollten. Dazu zählen Mindestlöhne, Sozialversicherung, Arbeitsschutz, Krankmeldung sowie das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren und Tarifverhandlungen zu führen.

Die europäische Säule sozialer Rechte

Die S&D-Fraktion bemüht sich seit jeher, zu gewährleisten, dass die EU zuallererst für die Menschen da ist, und pocht darauf, das den sozialen Rechten dieselbe Priorität zukommt wie Wirtschafts- und Umweltzielen. Zwei Jahre nach dem Sozialgipfel von Porto, bei dem wir zentrale Pflichten und Zielvorgaben definiert haben, reiste unsere Fraktion kürzlich erneut nach Portugal, um ihren Kampf für eine florierende Zukunft für alle Europäerinnen und Europäer zu verstärken.

Unsere politische Familie brachte die europäische Säule sozialer Rechte 2017 in Göteborg auf den Weg. Vier Jahre später wurde auf dem Sozialgipfel von Porto ein Aktionsplan mit konkreten Verpflichtungen und Zielvorgaben verabschiedet. Im Mai dieses Jahres lag unser Hauptaugenmerk auf der Stärkung der sozialen Säule und der Bewältigung der sozialen Auswirkungen der Coronapandemie und des Krieges in der Ukraine.

Beim Gipfel von Porto wurden drei wichtige soziale Ziele für 2030 formuliert: eine Beschäftigungsquote von mindestens 78 % in der EU, die Teilnahme von mindestens 60 % aller Erwachsenen an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen pro Jahr und die Reduzierung der Zahl von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohter Menschen um mindestens 15 Millionen, darunter fünf Millionen Kinder. Dies reicht jedoch nicht aus. Wir fordern daher zusätzliche Zielvorgaben, etwa die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze, eine tarifvertragliche Abdeckung von mindestens 80 %, keine Todesfälle mehr am Arbeitsplatz und die Beseitigung der Obdachlosigkeit bis 2030.

Wir wollen ein Europa, in dem alle Beschäftigten angemessen entlohnt werden, sich alle Familien eine Wohnung leisten können und in dem kein Kind in Armut aufwächst. Die Zukunft Europas wird sozial sein, andernfalls wird es kein Europa geben, so wie wir es kennen und wie wir es uns wünschen. Um all das zu erreichen, sind verstärkte Anstrengungen nötig, damit wir unser Versprechen einlösen können, allen Menschen in Europa ein würdiges Leben und menschenwürdige Arbeit zu garantieren. Genau darum geht es bei der sozialen Säule.

Pay your interns and trainees
Verbot unbezahlter Praktika

Die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie stellen junge Menschen bei der Suche nach einem guten Arbeitsplatz vor neue große Hindernisse. Die Gefahr der Ausbeutung ist sehr real. Es ist höchste Zeit, dass wir unbezahlte Praktika als das benennen, was sie sind: eine Form der Ausbeutung von Arbeitskräften und eine Verletzung der Rechte junger Menschen. Deswegen setzen wir uns dafür ein, unbezahlte Praktika auf den europäischen Arbeitsmärkten zu verbieten. Praktikantinnen und Praktikanten müssen ein Mindestgehalt erhalten. Wir kämpfen für das Recht von Millionen junger Europäerinnen und Europäer auf faire Behandlung am Arbeitsplatz und die Verbesserung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen. Die Rechte junger Menschen gehören ganz oben auf die Agenda der Europäischen Union.

illustration of young people
Schutz der Rechte junger Menschen

Wir können es schaffen, die Jugendarbeitslosigkeit in Europa bis 2030 um mindestens 50 % zu senken. Die von der Sozialdemokratischen Fraktion nach der letzten Wirtschaftskrise durchgesetzte Jugendgarantie hat mehr als zehn Millionen jungen Menschen zu einem Arbeitsplatz verholfen – eine Erfolgsgeschichte, auf die wir stolz sind, und ein gutes Instrument, das sich an neue Herausforderungen anpassen lässt. Nun müssen wir mit Investitionen zur Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und einem Verbot unbezahlter Praktika nachlegen, die junge Menschen ausbeuten und ihre Rechte missachten. Es ist an der Zeit, die Rechte junger Menschen ganz oben auf die Tagesordnung der EU zu setzen.

Beendigung arbeitsbedingter Todesfälle

Obwohl Asbest in der Europäischen Union seit 2005 verboten ist und in vielen Mitgliedstaaten schon davor verboten war, ist Asbest weiter in vielen älteren Gebäuden vorhanden. In der EU gehen 80 % aller berufsbedingten Krebserkrankungen erwiesenermaßen auf Asbest zurück.

Es wird geschätzt, dass 4,1 bis 7,3 Millionen Menschen bei der Arbeit mit Asbest in Berührung kommen. 97 % davon sind im Baugewerbe und in angeschlossenen Berufen, etwa als Dachdecker, Installateur, Zimmerer oder Bodenleger tätig, 2 % arbeiten in der Abfallwirtschaft.

Die S&D-Fraktion ist der festen Meinung, dass keine Zeit verschwendet werden und nichts unversucht bleiben darf, um die Exposition von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber diesem hochgefährlichen Stoff zu begrenzen, der die Hauptursache für berufsbedingte Krebserkrankungen in Europa ist. Es ist höchste Zeit, unsere Vision wahrzumachen, alle arbeitsbedingten Todesfälle zu verhindern.

Die Europäische Kommission hat im September 2022 eine Überarbeitung der Richtlinie von 2009 vorgeschlagen, die Beschäftigte vor asbestbedingten Risiken schützen soll. Leider konnte der Kommissionsvorschlag unsere Erwartungen nicht erfüllen. Wir fordern eine rigorose Änderung der Asbestvorschriften, um Beschäftigte angemessen gegen berufsbedingte Krebserkrankungen zu schützen. Dafür sind weit strengere Expositionsgrenzwerte nötig, ausgedrückt in 1000 Fasern pro Kubikmenter, auf die wir in der Entschließung des Parlaments vom Oktober 2021 gedrängt haben. Der von der Kommission vorgeschlagene – und bislang von den EU-Mitgliedstaaten akzeptierte – Grenzwert liegt zehnmal höher. Ihre Ambition ist also zehnmal niedriger. Wir werden weiter unermüdlich an der Verwirklichung unseres Ziels arbeiten, alle arbeitsbedingten Todesfälle in Europa verhindern.

affordable housing scales with money and house
Bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen in Europa

Achtzig Millionen Menschen in Europa haben keinen bezahlbaren Wohnraum. Jeden Tag steigt die Zahl derer, die Schwierigkeiten haben, ihre Miete oder die Heizkosten für ihre Wohnung zu bezahlen. Zunehmend sind auch Gruppen mit mittlerem Einkommen von der Wohnungskrise betroffen, die sich während der Coronapandemie noch deutlich verschärft hat. Wohnen ist ein Menschenrecht, daher müssen alle Menschen in Europa Zugang zu angemessenem und bezahlbarem Wohnraum erhalten.

Die galoppierende Wohnungskrise ist auch ein Zeichen für ein Marktversagen. Wohnraum ist zu einem Spekulationsobjekt geworden. Gleichzeitig beschleunigt der „Airbnb-Effekt“ die Mietpreisspirale und die Gentrifizierung in einem Ausmaß, das die Anwohner keine bezahlbaren Wohnungen mehr finden lässt. Wir müssen einen gut regulierten Markt schaffen, der bezahlbaren Wohnraum für alle sicherstellt. Die Lösung der Wohnungskrise wird zu einem Testfall für die Solidarität und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Niemanden zurückzulassen bedeutet in erster Linie, allen ein Dach über dem Kopf zu geben. Zur Lösung der Wohnungskrise fordern wir eine integrierte EU-Strategie, die günstige Rahmenbedingungen für nationale, regionale und lokale Behörden schafft.

Wir schlagen eine Reihe zukunftsweisender Maßnahmen vor, etwa eine Mietpreiskontrolle, die Herauslösung der Sozialausgaben aus der Steuerpolitik, Regeln für das Gastgewerbe, um eine „Touristifizierung“ zu vermeiden, die Neudefinition der Quote für die Wohnkostenüberbelastung, die Aufnahme von Kriterien für nachhaltiges Wohnen und die Förderung der Kreislaufwirtschaft. Zudem sollte die öffentliche Wohnungspolitik von den Wettbewerbs- und Beihilferegeln ausgenommen werden. Wir fordern auch, die Bezahlbarkeit von Wohnraum in das Europäische Semester und die landesweiten Pläne für bezahlbaren Wohnraum in die nationalen Reformprogramme aufzunehmen. Alle Menschen haben das Recht auf ein Zuhause.

S&D-Pressekontakt(e)